Eva Menasse bei der Verleihung des Österreichischen Buchpreises am Dienstag.

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Sie freue sich "riesig" über die "Auszeichnung aus Österreich", denn sie habe "ein bisschen das Gefühl, dass ich aussortiert werde, weil ich schon so lange in Deutschland lebe", sagt Eva Menasse. Am Dienstag erhielt sie für den Erzählband "Tiere für Fortgeschrittene" (KiWi) den zum zweiten Mal vergebenen Österreichischen Buchpreis. Da man es einer populären Meinung zufolge aber im Ausland geschafft haben muss, um in Österreich etwas zu gelten, sollte die Ehrung sie andererseits nicht wundern. Erfolg kann man ihr nicht absprechen.

Seit bald 15 Jahren lebt die 1970 geborene Wienerin in Deutschland. Nach dem Studium (Germanistik und Geschichte) hatte sie beim Nachrichtenmagazin "Profil" begonnen, ging dann – wie viele während des Medienbooms – nach Berlin. Für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" kehrte sie als Feuilletonkorrespondentin noch einmal in die Heimat zurück und verfolgte Anfang 2000 mehrere Wochen den in London stattfindenden Gerichtsprozess um den Holocaustleugner David Irving ("Der Holocaust vor Gericht", 2000).

Die Beschäftigung mit dem Thema lag zudem biografisch nahe. Ihr Vater war als "Halbjude" per Kindertransport nach England den Nazis entgangen.

2003 übersiedelte die Journalistin vollends in die deutsche Kapitale. Dort lebt sie mit ihrem Sohn aus der Ehe mit Autor Michael Kumpfmüller. Auch wenn sie immer wieder über Befremden klagt – "Je länger ich weg bin, desto komischer kommt mir Österreich vor" –, betrieb ihr Literaturdebüt 2005 schon im Titel kein Spurenverwischen. Die Geschichte ihres Vaters flocht sie fiktionalisiert in "Vienna" ein – ebenso ihren Halbbruder, den Autor Robert Menasse.

Zur ungewöhnlich großen Startauflage von 50.000 Stück und weiter Beachtung trug wohl auch Menasses Bekanntheit aus der "FAZ" bei. Die heimische Kritik rezipierte kritischer, das sollte mitunter auch so bleiben. Es folgten die Erzählungen "Lässliche Todsünden", der Roman "Quasikristalle", die Essays "Lieber aufgeregt als abgeklärt". Stockerlplätze auf den Bestsellerlisten und Literaturpreise ließen sich nicht vermeiden.

Die meisten ihrer Bücher hat Menasse in der Staatsbibliothek zu Berlin verfasst. Schon ihre literarische Sozialisierung gelang über die Bibliothek, weil sie sich Bücher nicht leisten konnte. Erst seit 2015 schreibt die Beobachterin von Zwischenmenschlichem und Wohlstandsproblemen mit lockerem Wiedergabeton zu Hause. Offenbar schadlos. (Michael Wurmitzer, 8.11.2017)