Peter Kogler "Meine Uhr ist anachronistisch"
In zwei Jahren ist es 50 Jahre her, dass diese Uhr auf dem Mond war – nicht meine, aber dieses Modell. Die Mondlandung bot damals unvergessliche Fernsehbilder. Die meisten aus meiner Generation wissen noch genau, wo sie zu diesem Zeitpunkt waren. Irgendwann, ich glaube vor 20 Jahren, habe ich mir die Uhr selber gekauft. Diese Kindheitserfahrung hat vermutlich mein Verhältnis zu Technik geprägt. Als ich die Uhr schließlich erwarb, war es bereits anachronistisch, ein mechanisches Modell zu haben. Ich schaue manchmal drauf, um zu wissen, wie spät es ist. Ein Handy muss man dafür aus der Hosentasche ziehen, das ist umständlich. Aber ich kontrolliere manchmal mit dem Handy, ob meine Uhr richtig geht.
In Galerien wird man nur selten durch eine Uhr daran erinnert, wie spät es ist. Im Ausstellungskontext spielen Aspekte wie Muße oder die Verfügbarkeit von Zeit eine Rolle. Kunst zu schaffen ist eine Tätigkeit, die man wahrscheinlich nicht hektisch ausüben sollte. Früher konnte man auch als Besucher im Kunsthistorischen Museum einfach dasitzen und lesen.
Es gibt natürlich einige Kunstwerke, die mit Uhren zu tun haben. Da fällt mir spontan Félix González-Torres ein mit seiner Arbeit Perfect Lovers. Das sind zwei analoge Uhren, die absolut synchron gehen. Eine andere sehr bekannte Arbeit zu dem Thema stammt von Christian Marclay und heißt The Clock: eine 24-stündige Videoinstallation, die selbst wie eine Uhr funktioniert, mit berühmten Filmszenen, in den Uhren zu sehen sind. Wer etwa um 15 Uhr in die Ausstellung kommt, sieht eine Filmszene mit einer Uhr, die ebenfalls 15 Uhr anzeigt. Oder um Punkt zwölf schwenkt die Kamera auf die Standuhr von Gary Cooper in High Noon. Die Zeit aus dem Film deckt sich also mit der realen Tageszeit.
Meine Computeranimationen sind in der Regel Loops, insofern spielt der Zeitfaktor für mich eine Rolle. Es sind ständig wiederkehrende Abläufe, die ähnlich funktionieren wie ein Uhrzeiger, der sich im Kreis bewegt.
Peter Kogler ist Multimediakünstler. Bekannt wurde er etwa durch riesige gedruckte Ameisen auf der Documenta 1992 und die Arbeiten am Grazer Hauptbahnhof im Jahr 2003.
Der Künstler Peter Kogler trägt das Uhrenmodell, das auf dem Mond war. Er selbst wollte nie dorthin.
(Sascha Aumüller, RONDO exklusiv, 11.11.2017)