Zukunftsmusik: Die virtuelle Wohnung mit einem virtuellen Makler besichtigen.

Foto: http://www.istockphoto.com/PetarChernaev

Das Kellergewölbe in der Rauhensteingasse im ersten Bezirk ist eher schmucklos: Es gibt einen dunklen Laminatboden und zwei nackte Glühbirnen, die von der Decke hängen. Im Keller des Büros des Wiener Start-ups Squarebytes geht es aber auch weniger um die tatsächliche Realität. Hier dreht sich alles um die virtuelle Besichtigung von Wohnungen.

Hier kann beispielsweise ein Reihenhaus im Wiener Speckgürtel besichtigt werden, das für einen Bauträger in die virtuelle Realität transferiert wurde. Der Bodenbelag kann mittels einfachen Klicks auf einem Controller verändert werden. Mit dem Controller kann man sich auch an unterschiedliche Stellen im Haus teleportieren oder die Terrassentür öffnen. Draußen ist aus der Ferne leises Vogelgezwitscher zu hören. Und zurück in der Küche, können sogar die Muffins, die auf einem Teller auf dem Küchentisch angerichtet sind, mittels Controller erfasst und zum Mund geführt werden – nur das Essen klappt (noch) nicht.

Unterschiedliche Ausführungen

"Wer ein Haus besichtigt, schaut als Erstes in den Kühlschrank", erklärt Ari Christian Benz, bei Squarebytes für den Bereich Sales zuständig. "Wir möchten ein so realistisches Bild wie möglich von einer Besichtigung vermitteln. Daher die Muffins auf dem Küchentisch." Zudem gehe es darum, den Menschen ein möglichst positives Gefühl zu vermitteln und in Erinnerung zu bleiben.

Das Ziel einer solchen Vermarktung sei, eine Geschichte zu erzählen und damit Emotionen zu wecken, sagt auch Unternehmensgründer Marcel Nürnberg: "Keiner möchte heute mehr eine 08/15-Immobilie kaufen." Bei hohen Immobilienpreisen müsse für Käufer heute alles passen, fügt Benz hinzu: "Und das Erlebnis gepaart mit der Emotion verkauft eine Immobilie schneller." Spannend werde es auch, wenn die Zinsen steigen und sich Wohnungen nicht mehr so leicht verkaufen: "Da wird man als Bauträger mehr um den Markt kämpfen müssen." Mit Besichtigungen in der Virtual Reality zum Beispiel.

360-Grad-Rundgänge

Wer es sich leisten kann und will, der kann beim Wohnungsinserat auf den Onlineportalen schon heute einen virtuellen 360-Grad-Rundgang anbieten. Sagt der erste Eindruck zu, dann kann beim Makler oder Bauträger eine detailliertere Besichtigung mit der Virtual-Reality-Brille gemacht werden. Dort können dann auch unterschiedliche Ausführungen – etwa was die Küchenoberflächen angeht – ausprobiert werden. Auch Folder, aus denen zu Hause ein dreidimensionales Gebäude wächst – der sogenannten Augmented Reality und einer passenden Handy-App sei Dank -, gibt es längst.

Bei den Kunden entstehe durch virtuelle Besichtigungen mehr Vertrauen in den Makler bzw. Bauträger, als wenn sie einzig auf Renderings und 2D-Pläne der künftigen Wohnung angewiesen sind, ist man bei Squarebytes überzeugt: "Den Satz 'Stellen Sie sich vor' gibt es nicht mehr", sagt Benz. Auch Enttäuschungen könnten so vermieden werden. Die Virtual Reality sei zudem eine gute Form der Fehlervermeidung. So mancher Bauträger sei erst durch die Simulierung für die Virtual Reality auf viel zu dunkle Küchenbereiche und fehlende Stufen zwischen Eingangsbereich und Erdgeschoßwohnung gekommen, erzählt man bei Squarebytes schmunzelnd.

Abgespeckte Variante

Wirklich auszahlen tut sich ein solches Angebot derzeit aber nur bei höherpreisigen Immobilien. Das Marketingbudget von Immobilienprojekten liege in der Regel zwischen 0,5 und einem Prozent der Projektkosten, sagt Benz: "Da liegen wir mit unserem Gesamtkonzept genau drinnen." Derzeit sei man aber auch mit Hausbauunternehmen im Gespräch, um Häuslbauern eine stark abgespeckte Variante anzubieten. Sie sollen damit etwa überprüfen können, ob ihnen die Räume ihres künftigen Zuhauses groß oder hell genug sind.

Für das kommende Jahr ist die Präsentation eines Multiplayers geplant, mit dem man die virtuelle Besichtigung gleichzeitig mit dem Partner durchführen kann. Diesem begegne man dann in der virtuellen Realität in Form eines Avatars, sagt Nürnberg. Möglich sei dann auch ein virtueller Makler. Auch der Controller, der heute zur Steuerung noch nötig ist, soll bald nicht mehr nötig sein.

Handshake am Ende

Zudem experimentiere man gerade mit Geruchseindrücken: Bald schon sollen Wohnungssuchende dann beispielsweise beim Betreten der virtuellen Küche vom Geruch der eingangs erwähnten frischgebackenen Muffins oder dem Geruch von frischem Zedernholz empfangen werden: "Das muss aber subtil und ganz leicht passieren", betont Nürnberg. Eine größere Herausforderung seien die haptischen Eindrücke, die man derzeit nur gewährleisten könne, indem man den Kunden vorab die zur Verwendung kommenden Materialien – etwa Bodenbeläge – angreifen lässt. Überhaupt werde es noch Jahre dauern, bis die virtuelle Realität von der Bildqualität her der Realität in nichts mehr nachsteht.

Ein Aspekt des Immobilienkaufes jedoch werde sich wohl nie ganz in die virtuelle Realität verlegen lassen, ist Benz überzeugt: "Den emotionalen Abschluss des Kaufes mit einem Handshake, den brauchen die Menschen immer noch." (Franziska Zoidl, 23.11.2017)