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Teheran/Wien – "Die erste Rakete der Ansar Allah ging nach Riad, die nächste vielleicht nach Dubai", titelt die konservative iranische Zeitung "Keyhan" am Montag und löste damit in den iranischen Medien eine Welle der Empörung aus. Sogar andere konservative Blätter distanzierten sich von der Behauptung, die sich auf den Abschuss einer Rakete aus dem Jemen Richtung Riad bezog. Sie kam von den Huthis, als deren Unterstützer der Iran gilt. Saudi-Arabien hatte darauf mit scharfen Drohungen an Teheran reagiert.

Am Dienstag verteidigte Hussein Shariatmadari, Chefredakteur der "Keyhan", in einem Kommentar seine Behauptung. "Wir sollten wegen der hungernden Menschen im Jemen besorgt sein und nicht wegen gläserner Hochhäuser in Dubai." Der Sicherheitsrat im Iran, dessen Chef Präsident Hassan Rohani ist, reichte eine Anklage ein, weil nach übereinstimmender Meinung der Mitglieder "Keyhan" gegen die Interessen Irans verstoßen und die Außenpolitik aufs Spiel gesetzt habe. Der Staatsanwalt gab dem Gesuch des Sicherheitsrats recht und ordnete an, dass die "Keyhan" am kommenden Samstag und Sonntag wegen Verletzung iranischer Interessen nicht erscheinen darf.

Innenpolitische Komponente

Neben der politischen Dimension im Streit Irans mit Saudi-Arabien gibt es auch eine innenpolitische: "Keyhan" wird allgemein als Sprachrohr des Obersten Religionsführers Ayatollah Ali Khamenei bezeichnet und hat schon öfter wegen ihrer Kommentare große Diskussionen im Iran ausgelöst. Chefredakteur Hussein Shariatmadari wurde direkt von Khamenei vor mehr als zwanzig Jahren ernannt. Er bezog fast ohne jede Einschränkung, gegen Reformer und gemäßigte Politiker im Iran Stellung.

Auch bei den Unruhen vor zehn Jahren, nach der umstrittenen Wiederwahl Mahmud Ahmadi-Nejads, verlangte er ein härteres Vorgehen gegen Demonstranten.

Gemäßigte Blätter distanzierten sich von der Behauptung von "Keyhan". Die Zeitung "Ghanon" bezeichnet "Keyhan" als ein "Instrument im Dienste der Feinde Irans" und stellte in einer Karikatur Shariatmadri als Helfer Israels und Saudi-Arabiens dar, die Irans Medien im Bunde miteinander sehen.

Ein Ungleichgewicht

Die gemäßigte Zeitung "Shargh" verlangte sogar mehr Kontrolle über die "Keyhan" und seine Redakteure und meinte, gemäßigte Zeitungen würden wegen Bagatellen am Erscheinen gehindert, während die "Keyhan" freie Bahn hätte. Das Verbot hat im Gegensatz zu früheren Einschränkungen gegen andere Zeitungen kaum Widerstand bei den Medien im Iran hervorgerufen, und kaum eine Zeitung versuchte, "Keyhan" in Schutz zu nehmen.

Obwohl die Medien im Iran in den letzten Jahren größere Freiräume bekommen haben, ist die Freiheit der Meinungsäußerung nach internationalen Maßstäben eingeschränkt. Jüngst wurde hinter vorgehaltener Hand behauptet, der Stuhl Shariatmadaris habe angefangen zu wackeln. (Amir Loghmany, 9.11.2017)