Elisabeth Köstinger, neue Nationalratspräsidentin.

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Elisabeth Köstinger ist das erste Opfer der "Wir sind eine verschworene Gemeinschaft und brauchen niemanden außer uns"-Politik von Sebastian Kurz. Sie wurde mit einer nicht berauschenden Mehrheit zur Nationalratspräsidentin gewählt. 183 Abgeordnete zum Nationalrat gibt es, 175 haben gültig gewählt, Köstinger bekam nur 117 Stimmen. Das ist nur wenig mehr als die Anzahl der Sitze der sich abzeichnenden Koalition aus ÖVP (62) und FPÖ (51).

Das ist unüblich. Normalerweise stimmen auch andere Parteien großteils für alle Kandidaten für die drei Präsidentenposten. Neos-Chef Matthias Strolz hatte aber angekündigt, gegen Köstinger zu stimmen, weil sie noch niemals im heimischen Parlament war (sehr wohl im EU-Parlament) und weil nicht sicher sei, ob sie bleiben würde. Strolz: "Das Parlament ist kein Rangierbahnhof oder Durchhaus." 56 Abgeordnete stimmten für den von Kurz abmontierten früheren Zweiten Präsidenten Karlheinz Kopf (ÖVP). Offenbar als Retourkutsche bekam Doris Bures (SPÖ) auch nur 115 Stimmen.

Der Posten des Nationalratspräsidenten ist keineswegs nur zeremoniell. Es geht um das Funktionieren der Volksvertretung. Köstinger hätte das wohl geschafft. Aber als "Missachtung des Parlaments" wurde es doch empfunden und – mehr noch – als Ausdruck einer gewissen Mentalität im "Fanklub Kurz": nur ein kleiner Kreis von jungen, komplett loyalen Gefolgsleuten, Verzicht auf bewährte Kräfte. Kurz hat damit die ÖVP – und die Republik – überrumpelt, aber jetzt wird einigen dieser Elitismus doch unbehaglich. (Hans Rauscher, 9.11.2017)