Harare/Wien – Das Statement, das Simbabwes Informationsminister Simon Khaya Moyo verlas, war knapp, aber der Inhalt hatte es in sich: "Der Vizepräsident hat hartnäckig und beständig Illoyalität, mangelnden Respekt, Unzuverlässigkeit und Betrügerei an den Tag gelegt", heißt es darin. Emmerson Mnangagwa, seit Ende der 1970er-Jahre rechte Hand von Präsident Robert Mugabe, werde daher entlassen, teilte er am Montag mit. Dazu, wer ihm nachfolgen soll, stand nichts in dem Statement. Es wird aber vermutet, dass der 93-jährige Mugabe beim außerordentlichen Parteikongress Mitte Dezember seine 41 Jahre jüngere Ehefrau Grace vorschlagen wird.

Das könnte auch in der loyalen Zanu-PF-Partei für Unruhe sorgen: Grace Mugabe, die mit ihren materiellen Besitztümern nicht hinter dem Berg hält, ist der Korruption schwer verdächtig. Zudem wurde sie erst kürzlich von der südafrikanischen Polizei gesucht, weil sie in einem Hotelzimmer ein Model mit einem Telefonhörer krankenhausreif geschlagen hatte.

Grace Mugabe, Gattin von Präsident Robert Mugabe, im Parlament. Sie gilt als Favoritin für seine Nachfolge.
Foto: APA / AFP / Jekesai Njikizana

Grace Mugabe hatte die Frau zusammen mit ihren beiden Söhnen erwischt. Auch diese sind in Simbabwe nicht gut angeschrieben. Jüngst ließen sie sich dabei filmen, wie sie in einem Nachtclub zum allgemeinen Gaudium zwei teure Flaschen Champagner über eine 60.000 Dollar teure Uhr schütteten. Politische Erfahrung haben sie alle nicht.

Ein Pfeifkonzert zu viel

Mnangagwa hatte das gegenteilige Image: ein harter, bei Militär und Geheimdienst bestens vernetzter Machtpolitiker, über den es keine öffentlichen Eskapaden zu berichten gab. Seine harte Gangart hat ihm den Spitznamen "das Krokodil" eingebracht. Wegen seiner guten Kontakte zum Militär geistern nun Putschgerüchte durch die simbabwische Medien- und Diplomatenlandschaft.

Anhänger Grace Mugabes bei einer Kundgebung. Den Doktortitel, der auf dem Plakat angeführt ist, hat die Gattin Präsident Robert Mugabes nach zwei Monaten Soziologiestudium an der Universität von Harare erhalten. Eine Dissertation liegt nicht vor.
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Was Mnangagwa genau zum Verhängnis geworden ist, ist unklar. Dass Grace Mugabe den Vizepräsidenten als Konkurrenten ansah, war zwar schon lange bekannt, ein Auslöser des aktuellen Streits aber nicht. Möglich scheint Beobachtern, dass der Anlass ein relativ nichtiger war: Bei einer Parteiveranstaltung in der vergangenen Woche war Grace Mugabe an der Seite ihres Mannes von einer kleinen Gruppe ausgepfiffen worden, die sich später als Mnangagwa-Anhänger herausstellten. Außerdem wäre der Vizepräsident nicht der Erste, der einem Streit mit Grace Mugabe zum Opfer gefallen ist: Seine Vorgängerin als Vizepräsidentin, Joice Mujuru, musste 2014 gehen, nachdem sie Opfer wüster Beschimpfungen der First Lady geworden war. Ihren Posten an der Spitze der Zanu-PF-Frauenorganisation holte sich dann Mugabe.

Aufruf zum Protest

Möglich ist aber auch ein anderes Szenario, wie die Afrika-Plattform "African Arguments" schreibt: Mnangagwa sei von der britischen Botschaft in Harare allzu öffentlich als geeigneter Nachfolger Mugabes präsentiert worden, der eine vernünftigere Politik betreiben und ein besseres Verhältnis anstreben werde. In Simbabwe, wo Großbritannien noch immer mit der diktaturähnlichen Weißenherrschaft bis 1979 in Verbindung gebracht wird, könne auch das zum Vertrauensverlust geführt haben.

Die Hoffnungen der Briten wären aber wohl ohnehin vergebens gewesen: Mnangagwa galt die längste Zeit als treuer Verbündeter Mugabes, er organisierte Militäraktionen gegen Minderheiten im eigenen Land ebenso mit wie den Kriegseinsatz im Kongo Ende der 1990er-Jahre und das harte Einschreiten der Polizei gegen oppositionelle Demonstranten nach der gefälschten Wahl 2008.

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Ex-Vizepräsident Emmerson Mnangagwa gratulierte Präsident Robert Mugabe (rechts) jüngst zu dessen 93. Geburtstag. Nun wurde er entlassen und ging ins Exil.
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Nach seiner Entlassung ging Mnangagwa nicht mehr an die Öffentlichkeit. Dem Vernehmen nach soll er sich in Südafrika befinden. Allerdings veröffentlichte eine ihm nahestehende Veteranengruppe ein Statement, das ihm zugeschrieben wird. Darin tritt er zwar Putschgerüchten entgegen, beschuldigt aber "eine Gruppe, die ihre Macht nicht vom Volk, sondern von ihrer Familie bezieht", hinter seiner Absetzung zu stehen. Zudem rief die Gruppe zum Protest auf.

Wie groß die Gruppe ist, die in Armee und Sicherheitsdiensten hinter Mnangagwa steht, ist unsicher – eine Mehrheit ist es vermutlich aber nicht. Allerdings sind es wohl genug für einen Machtkampf, der Simbabwes politisches System destabilisieren könnte. Obwohl die Regierung es zuletzt geschafft hat, die Wirtschaft durch das schrittweise Ende des Simbabwe-Dollar und die Einführung des US-Dollar als Zahlungsmittel zu stabilisieren, beginnen sich auch viele Simbabwer wieder an die Zeiten der Hyperinflation Ende der 2000er-Jahre zu erinnern. (Manuel Escher, 10.11.2017)