Lungenentzündungen sind behandelbar – aber an der Krankheit sterben jedes Jahr mehr Kinder als an Malaria, Durchfallerkrankungen und Masern zusammen. Laut einem am nun veröffentlichten Bericht der Kinderrechtsorganisation Save the Children verlieren jedes Jahr fast eine Million Kinder unter fünf Jahren durch eine Lungenentzündung ihr Leben.

Betroffen sind demnach fast ausschließlich Kinder in den ärmsten Ländern, die keinen Zugang zu den Medikamenten und Impfstoffen haben. Lungenentzündung ist eine "Armutskrankheit", heißt es in dem Bericht mit dem Titel "Fighting for Breath", den Save the Children anlässlich des Welttags zur Bekämpfung von Lungenentzündung am 12. November veröffentlicht. Demnach starben im Jahr 2015 insgesamt 920.000 Kinder unter fünf Jahren an Lungenentzündung – zwei Kinder jede Minute. 99 Prozent der Todesfälle würden in den ärmsten Ländern der Welt verzeichnet. Mehr als 80 Prozent der Kinder, die an Lungenentzündung sterben, erleben dem Bericht zufolge nicht einmal ihren zweiten Geburtstag.

Nicht hinnehmbar

Die kleinsten Kinder seien bei einer Infektion besonders gefährdet: Viele von ihnen hätten durch Mangelernährung oder unzureichende Versorgung mit Muttermilch ohnehin ein geschwächtes Immunsystem. "Die Krankheit lässt die betroffenen Kinder fürchterlich um Atem ringen und ihre Eltern oft vor Angst verzweifeln", beschreibt Susanna Krüger, Geschäftsführerin von Save the Children Deutschland, die Situation. "Es ist nicht hinnehmbar, dass wir so viele junge Leben von einer Krankheit zerstören lassen, obwohl wir wissen, wie sie sich vermeiden und behandeln lässt."

Laut Save the Children kostet eine Behandlung mit Antibiotika lediglich 34 Cent und kann ein erkranktes Kind in drei bis fünf Tagen heilen. Neben einem besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung fordert die Organisation zudem die Investition in Impfprogramme. Um Millionen Kinderleben zu retten, müssten weltweit 166 Millionen Kinder unter zwei Jahren immunisiert werden, heißt es in dem Bericht. Zudem müsse für 400 Millionen Kinder der Zugang zur Gesundheitsversorgung verbessert werden. Zwar sei die Zahl der Todesfälle zwischen den Jahren 2000 und 2015 um 47 Prozent zurückgegangen. Aber der Fortschritt sei "zu langsam".

Laut Save the Children lassen neueste Forschungsergebnisse zudem eine erneute Verschlimmerung der Lage befürchten: Bis zum Jahr 2030 könnten demnach 735.000 weitere Kinder an Lungenentzündung sterben, wenn "das aktuelle Schritttempo beibehalten wird". Die Organisation verweist darauf, dass die Weltgemeinschaft damit ihr vor zwei Jahren in der Agenda 2030 vereinbartes Ziel verfehlt, dass bis zum Jahr 2030 kein Kind mehr an einer vermeidbaren Krankheit stirbt.

Lage in Europa

Auch in Europa und bei Erwachsenen ist die Lungenentzündung nach wie vor ein Problem. Fast 120.000 Europäer sind 2014 an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben. Laut Eurostat-Daten verteilten sich die 118.300 Todesfälle ziemlich gleich auf Frauen (59.900) und Männer (58.400). Der Anteil der über 65-jährigen betrug 90 Prozent.

Gemessen an der Bevölkerung eines Landes gab es die höchste Todesrate durch Lungenentzündung in Portugal (49 auf 100.000 Einwohner). Dann folgen die Slowakei (45) und Polen (43). Positives Schlusslicht war Finnland (vier auf 100.000 Einwohner) sowie gleichauf Österreich und Griechenland (je neun). Danach kommen Ungarn (zehn) und Kroatien (elf). Der EU-Durchschnitt betrug 25 Todesfälle.

In absoluten Zahlen lag Großbritannien (28.237) vorn. Dann kommen Deutschland (16.738), Polen (12.271), Frankreich (11.096), Italien (9.141) und Spanien (8.445). Österreich lag mit 709 Todesfällen im unteren Feld der 28 EU-Staaten. Geringere Zahlen – auch wegen der Größe bzw. Kleinheit des Landes – wiesen u.a. Zypern (65) und Luxemburg (67) auf. (APA, 11.11.2017)