Ein von der Uni Freiburg kreiertes Debat-O-Meter erlaubt es Zusehern politischer Debatten, blitzschnell ihre Einschätzung der Kontrahenten preiszugeben.

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Wenn es einen Wettbewerb unter den Eigenschaftswörtern gäbe, welches von ihnen die gesellschaftliche Stimmung am besten beschreibt, so läge "aufgeheizt" gut im Rennen. "Catch as catch can" ist das alles überwölbende Kommunikationsmotto; der in den sozialen Netzwerken vorherrschende Ton jener des Gebrülls: "X ist das Letzte!", "Y gehört hinter Gitter!", "Z ist jenseits!" Wenn, wie Freud behauptet, die Stimme der Vernunft leise ist, dann leben wir in definitiv unvernünftigen Zeiten.

Wie aber misst man die Lautstärke des allerorten erschallenden Lärms der Schlachten zwischen Männern und Frauen, Alten und Jungen, Linken und Rechten, Guten und Bösen? Die Zeitung "Bild" hat hierfür ein sogenanntes Zoff-O-Meter erfunden und zuletzt auf ein Medienformat angewandt, das sich schon lange vor der Erfindung der sozialen Medien liebevoll der Polarisationspflege gewidmet hat: Für Sandra Maischbergers Talkshowrunde zum Thema "Männer unter Generalverdacht" vergab das Zoff-O-Meter allerdings das Prädikat "mustergültig".

Unter den O-Meter-Messinstrumenten ist das Zoff-O-Meter lediglich eines von vielen. Die populäre Kino-Website "www.rottentomatoes.com" durchforscht aktuelle Filmkritiken mit einem "Tomatometer" und zeichnet Streifen mit einer Zustimmungsrate von 60 plus mit einem sattroten Tomatenexemplar aus, während solche, die darunterliegen, mit einem hässlichen grünen Batzen abgefertigt werden.

Ein von der Uni Freiburg kreiertes Debat-O-Meter erlaubt es Zusehern politischer Debatten, blitzschnell ihre Einschätzung der Kontrahenten preiszugeben. "Zeit Online" stellte 2016 ein Trump-O-Meter ins Netz, mit der User und Userinnen ermitteln konnten, wie viele Charakterzüge des US-Präsidenten in ihnen selbst steckten. Im Wiener Gasometer gibt es ein Bierlokal namens Bierometer; ein Klatsch-O-Meter (englisch: Clap-O-Meter) misst Applausstärken; ein Infocenter für schwule Männer in Berlin nennt sich Mann-O-Meter: alles Indizien dafür, dass da draußen eine regelrechte O-Meter-Manie im Gang ist. (Christoph Winder, 12.11.2017)