Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Reuters/AZIZ TAHER

Riad/Berlin/Paris – Frankreich, Deutschland und die USA sehen keine Anzeichen dafür, dass der zurückgetretene libanesische Ministerpräsident Saad Hariri gegen seinen Willen in Saudi-Arabien festgehalten wird. Nach allem, was man wisse, stehe Hariri nicht unter Hausarrest, unterliege keinen besonderen Beschränkungen und sei in seiner Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt, sagte der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian am Freitag im Rundfunksender Europe 1.

Dem schlossen sich das Auswärtige Amt in Berlin und US-Außenminister Rex Tillerson an. Tillerson rief die Länder der Region auf, den Libanon nicht länger als Instrument für einen Stellvertreter-Krieg zu missbrauchen. Er stärkte Hariri demonstrativ den Rücken und nannte ihn einen "starken Partner der USA". Der libanesische Präsident Michel Aoun forderte die Rückkehr Hariris in seine Heimat, die dieser aus Furcht vor einem Mordanschlag verlassen hatte.

Hariris Rücktritt versetzt Deutschland in Sorge

Das Rücktrittsgesuch Hariris erfülle die deutsche Bundesregierung mit großer Sorge, sagte die Sprecherin des deutschen Außenministeriums. Entscheidend sei, dass die Stabilität des Libanon und Fortschritte der vergangenen Monate, die unter Hariris Führung erreicht worden seien, nicht in Gefahr gerieten. Dies habe Außenminister Sigmar Gabriel am Donnerstag gegenüber seinem saudiarabischen Kollegen in einem Telefonat deutlich gemacht.

Regierungssprecher Steffen Seibert betonte die Verantwortung des Iran in dem Konflikt, der über die Hisbollah-Miliz Einfluss auf die libanesische Regierung ausübe und am Bürgerkrieg in Syrien beteiligt sei. "Die Politik der iranischen Regierung, ihre Unterstützung des syrischen Regimes und der Hisbollah werden von uns mit großer Sorge gesehen." Die Bundesregierung appelliere sowohl an Saudi-Arabien als auch an den Iran, die politische Stabilität des Libanon nicht zu schwächen.

Hisbollah-Chef: "Kriegserklärung"

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah wirft Saudi-Arabien eine Kriegserklärung gegen den Libanon vor. Der Rückzug Hariris stelle eine "beispiellose saudische Einmischung" in die libanesische Politik dar, sagte Nasrallah am Freitag in einer Fernsehbotschaft. Er bekräftigte seine Einschätzung, dass Hariri in Saudi-Arabien festgehalten werde. Die Hisbollah ist an der libanesischen Regierung beteiligt.

Das sunnitisch geprägte Saudi-Arabien und der von Schiiten dominierte Iran gelten als Erzfeinde in der Region und tragen bereits im Jemen einen Stellvertreterkrieg aus. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äußerte sich zuletzt besorgt über die Stabilität des Libanon. Die politische Krise dort müsse rasch gelöst werden. Macron hatte Saudi-Arabien am Donnerstagabend überraschend besucht. Ob er dabei auch mit Hariri zusammentraf, blieb unbekannt. Zuvor hatte sich der französische Botschafter in Saudi-Arabien mit dem libanesischen Politiker getroffen.

Rücktritt wegen "Sorge ums Leben"

Auch Uno-Generalsekretär Antonio Guterres bemüht sich in Gesprächen mit Politikern der Region um eine Deeskalation. Er sei sehr besorgt, dass die Spannungen weiter zunehmen könnten, sagte er: "Dies könnte verheerende Folgen haben."

Hariri war in der vergangenen Woche zurückgetreten und hatte dies mit Sorge um sein Leben begründet. Sein Vater Rafik – ebenfalls Ministerpräsident im Libanon – war 2005 in der libanesischen Hauptstadt Beirut durch einen Anschlag auf seinen schwer gesicherten Fahrzeugkonvoi getötet worden.

Die Vereinten Nationen sahen eine Beteiligung der im Libanon einflussreichen radikalschiitischen Hisbollah als erwiesen an und erließen mehrere Haftbefehle. Hisbollah hat die Verdächtigen aber nie ausgeliefert. Im Libanon tobte von 1975 bis 1990 ein Bürgerkrieg, in dem die einzelnen Konfliktparteien jeweils von verschiedenen Regionalmächten unterstützt wurden. (APA, 10.11.2017)