Für das Jugendkulturzentrum Kapu sind die Kürzungen ein "Schock".

Foto: Wikipedia/Morn666/Kapu

Linz – "Die Frage ist nicht, ob wir uns die Kultur leisten können, sondern ob wir uns die Unkultur leisten wollen." Den Satz von Ex-VP-Landeshauptmann Josef Pühringer halten die Kritiker der Sparmaßnahmen in Oberösterreich Pühringers Nachfolger Thomas Stelzer (ÖVP) gewissermaßen wie einen Spiegel vor. Stelzers schwarzblaue Landesregierung will im nächsten Jahr 67 Millionen Euro Schulden abbauen, dazu soll auch in den Bereichen Soziales, Kinderbetreuung und eben der Kulturförderung gekürzt werden.

Die Kulturplattform ÖO (Kupf), Interessenvertretung für 153 freie Kunst- und Kulturinitiativen, initiierte eine Petition unter dem Titel "Kulturland retten!". Über 8000 haben bisher unterschrieben, darunter Christine Dollhofer, Leiterin des Crossing Europe Filmfestivals, Musiker von Attwenger und Texta oder die Kabarettistin Angelika Niedetzky.

Jugendkultur in Nöten

Ist der Aufschrei übertrieben? "Nein", meint Kupf-Sprecher Thomas Diesenreiter. Die 3,5 Prozent, um die das aktuelle Kulturbudget auf 187,5 Millionen Euro zurückgefahren werden soll, würden vielleicht nach wenig klingen, im Detail handle es sich aber um einen "Kahlschlag". Denn man müsse bedenken, dass beim oberösterreichischen Kulturbudget allein auf das Musikschulwerk (das ebenso wie die Landesausstellungen budgetär aufgestockt wird) über ein Drittel der Ausgaben entfallen. Den Rest trifft es demnach überproportional stark.

"Gerade im zeitgenössischen Kulturbereich wird massiv gekürzt. 30 Prozent oder mehr in der Bildenden Kunst, der Musikpflege, dem Film oder der Literatur; bei den Kulturinitiativen sollen zehn Prozent gespart werden. Im Schnitt stehen wir damit bei minus 17,4 Prozent für Zeitgenössisches. Und auch in der Volkskultur und im Blasmusikwesen werden fast 30 Prozent gekürzt", rechnet Diesenreiter vor.

Freie Initiativen würden schon jetzt um 40 Prozent weniger als im Jahr 2001 bekommen. "Viele Vereine denken ans Aufhören, weil es sich nicht mehr ausgeht." Darunter seien auch Einrichtungen wie die Kapu Linz, seit 30 Jahren ein wesentliches Zentrum der Jugendkultur, das Jazzatelier Ulrichsberg, das Röda Steyr oder das Frauennetzwerk Fiftitu%. "Die Kapu hat, wie viele andere, seit Jahren keine Inflationsanpassung der Förderungen erfahren. Das bedeutet, dass das Budget real jedes Jahr kleiner wurde. Wir mussten schon in den letzten Jahren immer mehr sparen. Die jetzigen Kürzungen sind ein Schock", so die Kapu.

Auch Landestheater betroffen

Die "Großen" treffe es mitunter weniger, meint Diesenreiter. Schmerzhaft dürfte es aber u. a. für das Linzer Landestheater werden. "Es wäre naiv anzunehmen, dass es nach politischen Wechseln nicht auch eine Spardebatte geben würde", meint Intendant Hermann Schneider, der sich nicht zu sehr aus der Deckung wagt. "Der Zeitpunkt zum Amtsantritt des neuen Chefdirigenten und nach erfolgreicher erster Spielzeit sei aber "wahrlich nicht glücklich".

Die Ankündigung Stelzers, im Gegenzug Mittel für Bildung und Forschung aufzustocken, sieht Diesenreiter differenziert: "Wir begrüßen prinzipiell Investition in Bildung", teils sei sie sinnvoll, teils aber auch einfach als "Förderung für gewinnorientierte Firmen" zu betrachten. Und beim Sicherheitsbudget habe man beispielsweise den Posten Sicherheitsfunk von einer auf 11,5 Millionen erhöht. "Man hat sich also klar dafür entschieden, vom Kulturbereich in den Wirtschafts- und Sicherheitsbereich umzuschichten", kritisiert Diesenreiter.

Strukturreformen gestartet

Dass Stelzer gemeinsam mit der Stadt Linz auch Strukturreformen bei den Museen ins Auge fasst, sieht der Kupf-Sprecher positiver: "Bei den großen Häusern wird es sicher Möglichkeiten geben, Synergien in der Verwaltung zu heben. Kritisch sehen wir aber jede Kürzung, die zu weniger Programm und Angebot führt."

Ziel sei sicher nicht, "Häuser zuzusperren", so Landeshauptmann Stelzer. Vielmehr wolle man die Kooperation zwischen dem Land und der Stadt Linz verbessern. Den ersten Schritt dazu verkündete Stelzer am Freitag: Die archäologische Sammlung des Stadtmuseums Nordico wandert ins Landesmuseum. Weitere Maßnahmen sollen folgen. (Stefan Weiss, 10.11.2017)