Koalitionsverhandlungen (am vergangenen Freitag unter einem Bild von Leopold Figl): Mehrheit rechnet mit raschem Abschluss

Foto: APA/Pfarrhofer

Linz – 58 Prozent der Wahlberechtigten sind der Meinung, "dass Österreich selbst über seine Regierung entscheiden soll und internationale Reaktionen nicht so wichtig sind". Nur 34 Prozent zeigen sich über Auslandskritik an der Beteiligung der FPÖ an der Regierung besorgt. Das geht aus einer aktuellen Market-Umfrage für den STANDARD hervor – allerdings zeigt die Grafik Unterschiede in verschiedenen Bevölkerungsgruppen.

Dieselbe Umfrage zeigt auch: Die Nationalratswahl würde nicht anders ausgehen, wenn die Österreicherinnen und Österreicher in Kenntnis des Ergebnisses vom 15. Oktober heute noch einmal wählen dürften. David Pfarrhofer vom Linzer Market-Institut hat nachgerechnet: Nur sechs Prozent, also etwa jeder siebzehnte Befragte, würden anders abstimmen. Nur unter den Wählern der SPÖ (die im Oktober viele frühere Grünen-Stimmen erhalten hat) sagen zwölf Prozent, dass sie anders wählen würden.

Und die sich anbahnende Koalition aus ÖVP und FPÖ bekommt eine deutliche Zustimmung.

Das Ergebnis der Sonntagsfrage aus der Vorwoche zeigt ebenfalls kaum Veränderungen:

  • ÖVP: Die Partei von Sebastian Kurz kommt auf hochgerechnet 31 Prozent, was ziemlich genau den erreichten 31,5 Prozent vor einem Monat entspricht. Dazu kommt, dass 38 Prozent sagen, die Stimmung für die ÖVP sei in den letzten Wochen sehr viel besser geworden, auf der fünfstufigen Skala (entsprechend den Schulnoten) gibt es noch weitere 36 Prozent, die der türkisen Partei die Stimmungsnote "gut" geben. Und Sebastian Kurz überstrahlt in der Kanzlerfrage alle anderen: 42 Prozent sind der bisher beste Wert, den der ÖVP-Kanzlerkandidat bisher bekommen hat.
  • SPÖ: Noch-Bundeskanzler Christian Kern bekommt in der Kanzlerfrage 32 Prozent (der beste Wert seit Beginn des Sommers), seine Partei legt in der Sonntagsfrage etwa einen Prozentpunkt gegenüber der Wahl zu und kommt auf 28 Prozent. Aber: 20 Prozent sagen, die Stimmung für die SPÖ sei sehr viel schlechter geworden, weitere 29 Prozent vergeben die Schulnote vier.
  • FPÖ: Die FPÖ hat in der Stimmungsfrage gute Noten (25 Prozent vergeben die Note eins, weitere 43 Prozent einen Zweier), in der Sonntagsfrage stagniert sie aber auf dem sehr hohen Niveau der Wahl bei 26 Prozent. Ihr Kanzlerkandidat Heinz-Christian Strache käme bei einer Direktwahl auf 14 Prozent – sein schlechtester Wert seit zwei Jahren, was aber wohl damit zusammenhängt, dass er ohnehin schon als künftiger Vizekanzler gesehen wird.
  • Neos, Pilz und Grüne: Hier bringen die Hochrechnungen keine statistisch aussagekräftigen Veränderungen gegenüber dem tatsächlichen Wahlergebnis zum Vorschein. Hochgerechnete vier Prozent für die Liste Pilz (bei der Wahl: 4,4 Prozent) und die Grünen (bei der Wahl tatsächlich 3,8 Prozent) lassen keinen Schluss darauf zu, ob diese Parteien bei einer jetzt stattfindenden Wahl sicher mit Parlamentssitzen ausgestattet würden. Für die Neos (hochgerechnet fünf Prozent, tatsächlich zuletzt 5,3) ist die Annahme naheliegend, dass sie auch bei einer jetzt durchgeführten Wahl ins Parlament kämen – statistisch belegbar ist das trotz der beachtlichen Samplegröße von mehr als 1000 Befragten in der Vorwoche aber nicht.

Wahlergebnis positiver bewertet als 2013

Bedeutsamer als Spekulationen über allfällige Neuwahlen (die derzeit nicht absehbar sind) ist die Einschätzung der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ, sagt Pfarrhofer: "Wir haben gefragt, ob sich das Wahlergebnis auf die Zukunft Österreichs positiv oder negativ auswirken wird – und da überwiegen mit 42 Prozent die positiven Stimmen über 29 Prozent negative Stimmen. Wir haben dasselbe vor vier Jahren, nach der Nationalratswahl 2013, auch gefragt, damals hat sich die Mehrheit auf den Standpunkt zurückgezogen, dass der damalige Wahlsieg der SPÖ kaum Auswirkungen auf die Zukunft haben würde." In einem hohen Maß negative Auswirkungen erwarten derzeit vor allem SPÖ-Wähler.

  • Jetzt rechnet eine Mehrheit von 70 Prozent mit einem raschen Ergebnis der Regierungsverhandlungen (2013 sagten das nach der Wahl nur 28 Prozent).
  • 49 Prozent (Männer viel deutlicher als Frauen) finden es positiv, dass ÖVP und FPÖ jetzt über eine Regierung verhandeln, nur 31 Prozent (vor allem Sozialdemokraten und die wenigen verbliebenen Grün-Anhänger) finden das ausdrücklich negativ. Der Rest ist indifferent oder enthält sich in diesem Punkt der Aussage.
  • Eine Regierung aus ÖVP und FPÖ finden 52 Prozent besser für Österreich als eine Fortführung der Zusammenarbeit zwischen SPÖ und ÖVP, die Österreich in den vergangenen elf Jahren regiert hat. Nur 31 Prozent halten Türkis-Blau ausdrücklich für schlechter. Auffallend ist hier, dass Befragte über 30 deutlich positiver und umgekehrt auch deutlich weniger kritisch zu einer türkis-blauen Koalition stehen als Jungwähler.
  • Die besseren Karten in den Verhandlungen werden von 53 Prozent in den Händen von Sebastian Kurz (nur von 26 Prozent in denen von Strache) vermutet. (Conrad Seidl, 13.11.2017)