Navigation in der Neuerscheinungsflut an der Buch Wien.

Foto: APA/Georg Hochmuth

Wien – Es gehe in der Literatur, schrieb William Faulkner zu Albert Camus' Tod, nicht um das Finden von Antworten. Er sei aber davon überzeugt, "dass es ständig und ohne Unterlass eines der menschlichen Absurdität teilhaftigen Sterblichen" bedürfe, der die richtigen Fragen stelle. Um dies tun zu können, habe sich der Künstler, sagte Camus einmal, in der Galeere der Zeitgenossenschaft einzuschiffen. Und zwar in den unteren Decks, zusammen mit jenen, die Geschichte nicht machen, sondern sie erleiden.

Von politischen Absurditäten, verzweifelter Suche nach Antworten und einem Glück, das sich nicht erzwingen, aber durch Literatur beschwören lässt, sprach auch Karl-Markus Gauß in seiner Rede, mit der er Mittwochabend die Buch Wien eröffnete. Ausgehend von einer Gemeinde in der Westschweiz (20.000 Einwohner) und ihrer Bibliothek, die Bücher in 280 Sprachen verleiht, viele davon in den Sprachen der aus mehr als 100 Ländern zugewanderten Einwohner, schlug Gauß den Bogen von der österreichischen Innenpolitik über das Thema Immigration bis zur Forderung, dass sich die Literatur heute dem "zunehmenden Zwang zur Übertreibung und Überbietung" zu widersetzen habe.

Mühen der Ebene

Gauß' Rede war ein wuchtiger und politischer Auftakt zur viertägigen Wiener Buchmesse, die gestern zu Ende ging. Die zehnte Ausgabe der als Lesefestival und Buchmesse konzipierten Buch Wien gab sich in der Halle D des Wiener Messezentrums unaufgeregt und routiniert. Obwohl der Termin der Wiener Messe, die jeweils im November, also kurz nach der Frankfurter Buchmesse, stattfindet, für die Verlage nicht optimal liegt, haben auch heuer wieder 350 Aussteller, viele davon in Gemeinschaftsständen, ihre Novitäten im Rahmen der Buch Wien präsentiert, während Hunderte von Lesungen über die acht Messebühnen gingen.

Es liegt in der Natur von Buchmessen, und es macht auch ihren Reiz aus, dass ein breites literarisches Spektrum vom antiquarischen Buch bis zum abgedrehten Unterhaltungsschmöker, vom Kinderbuch bis zum hochliterarischen Roman abgedeckt wird. Das führt zu Unübersichtlichkeit und dem Eindruck von Beliebigkeit. Mit etwas Entdeckerglück lässt sich aber für jede Lesevorliebe an der Buch Wien ein Verlag finden.

Auch das Wetter spielte heuer mit, das heißt, es war am Sonntag schlecht, was viele Buchaffine in die Halle zog. Entsprechend aufgeräumt war die Stimmung unter den Ausstellern. Jürgen Schütz, Verleger des Wiener Septime-Verlages, weist auf die zahlreichen Kontakte hin, die sich auf der Messe auch mit Lesern schließen ließen. Ein Problem sieht er aber in den Standmieten, die bei der Buch Wien fast gleich seien wie bei der Frankfurter Buchmesse.

Angesprochen auf die hohen Quadratmeterpreise weist Benedikt Föger, Präsident des die Messe organisierenden Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels (HVB), darauf hin, dass die Halle vom HVB gemietet und die Kosten kalkulatorisch bewältigt werden müssten. Sollte die Halle einmal ganz ausgelastet sein – im Moment werden nur ca. vier Fünftel ihrer Fläche bespielt -, würden auch die Preise sinken, so Föger. Diesbezüglich gibt sich der Hauptverbandspräsident zuversichtlich. Der bekannte deutsche Verlag Matthes & Seitz beispielsweise, der die Buch Wien heuer ausließ, wird kommendes Jahr voraussichtlich wieder dabei sein. (Stefan Gmünder, 12.11.2017)