Die Vermutungen, dass der Rücktritt des libanesischen Premierministers Saad al-Hariri vor einer Woche nicht freiwillig erfolgte und dass Hariri seitdem in Saudi-Arabien festgehalten wird, kommen nicht nur aus der Ecke von Saudi-Gegnern. Und die vielen Gerüchte wurden auch nicht durch das Interview ausgeräumt, das eine Journalistin von Hariris Parteisender Zukunfts-TV am Sonntag in Riad führte.

Selbst wenn Hariri, wie vielfach kolportiert, die Partei an seinen Bruder Bahaa übergibt und Familie und Partei dem zustimmen, wird man nicht – oder nicht gleich – erfahren, ob und wie saudischer Druck ausgeübt wurde. Man stochert im Nebel. Die Gleichzeitigkeit der Ereignisse bringt es jedoch mit sich, dass Hariris Abtauchen von manchen mit der Verhaftungswelle gegen korruptionsverdächtige Prinzen und Geschäftsleute, veranlasst von Kronprinz Mohammed bin Salman, in Zusammenhang gebracht wird. Die saudi-arabische Firma des Baumoguls Hariri, Saudi Oger, hat im Sommer einen spektakulären Kollaps erlitten; schon damals haben sich viele gefragt, warum ihm das saudische Regime nicht mit Aufträgen zu Hilfe kommt.

Unklare Pläne Saudi-Arabiens

Die Hintergründe und der Ablauf der Ereignisse sind demnach unklar – ebenso aber auch die Pläne, die Saudi-Arabien nun für den Libanon hat. Die Macht der Hisbollah – und damit der Einfluss des Iran – soll gebrochen werden: Aber auch nach dem Abgang Hariris sitzt die Hisbollah weiter in der Regierung, und ob interne Turbulenzen in der Hariri-Partei sie nicht sogar stärken, bleibt abzuwarten. Saudis und Verbündete könnten versuchen, den Libanon finanziell in die Knie zu zwingen, indem sie dafür sorgen, dass so viel arabisches Kapital wie möglich abfließt. Sie könnten libanesische Bürger ausweisen. Das wäre eine wirtschaftliche Katastrophe für den Libanon – der dadurch aber nur noch mehr dem Iran ausgeliefert würde. (Gudrun Harrer, 12.11.2017)