Othmar Karas (li.) sieht seinen Parteifreund Hans Jörg Schelling "auf der falschen Seite.

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Brüssel/Wien – Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) ist wegen der Rolle Österreichs bei der Verschärfung der Gangart gegen Steuervermeidung und Geldwäsche heftig in die Kritik geraten. Mehrere Parlamentarier reagierten am Wochenende verärgert auf einen STANDARD-Bericht, wonach Österreich gemeinsam mit Luxemburg, Großbritannien, Malta und einigen weiteren Staaten einen raschen Abschluss der neuen Geldwäscherichtlinie ablehnt. Bei dem Regelwerk geht es um schärfere Bestimmungen für die Offenlegung der wahren Eigentümer von Trusts und Stiftungen.

So soll die Schwelle für eine Bekanntgabe der wirtschaftlich Berechtigten von 25 auf zehn Prozent abgesenkt werden. Zudem sollen Ausnahmen, denen zufolge die Nennung von Strohmännern ausreichend ist, gestrichen werden. Weiters in dem von der EU-Kommission vorgelegten Vorschlag verpackt: Die Register mit den echten Eigentümern sollen nicht nur für Behörden, sondern für die ganze Öffentlichkeit einsehbar werden. Außerdem sollen Steuerberater, Rechtsanwälte oder Notare unter einer unabhängigen Aufsicht unterstellt werden.

Kritik an Offenlegungspflichten

Österreich geht diese Regelung zu weit, wie ein Protokoll einer Botschaftersitzung vom vergangenen Mittwoch zeigt. "Die Verhandlungen sollen nicht übereilt abgeschlossen werden", wird die Position der Bremsergruppe zitiert. Das Finanzministerium bestätigte, dass man die erweiterten Offenlegungspflichten sehr kritisch sehe.

Dafür hagelt es nun Kritik, sogar aus den eigenen Reihen. EU-Abgeordneter Othmar Karas (ÖVP) hat "überhaupt kein Verständnis, wenn angesichts täglich neuer Beispiele von Steueroasen, Steuervermeidung, Steuerflucht und Steuerhinterziehung es noch immer Mitgliedstaaten der EU gibt, die den ehrgeizigen Kampf der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments blockieren wollen".

Gegen "unfaire" Länder

Und auf Wiens Rolle angesprochen meint Karas: "Ich kann nicht glauben, dass sich Österreich im Kampf gegen Steuertricks der Konzerne auf die Seite von Malta, Zypern und Großbritannien stellte, denn dann wären wir auf der falschen Seite". Es seien genau die genannten Länder, die sich seit Jahren unfair verhielten, so Karas zum STANDARD. Das sei auch der Grund, dass sich der ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament dafür einsetze, dass auch EU-Länder auf die geplante Schwarze Liste der Steueroasen kommen sollen.

Noch härter ins Gericht mit Schelling geht Bruno Rossmann von der Liste Pilz. Wegen der österreichischen Position dürfe Schelling nicht Eurogruppen-Vorsitzender werden, twitterte er. Für den langjährigen Ex-Chef der Generaldirektion für Steuern und Zollunion in der EU-Kommission, Heinz Zourek, ist die aktuelle Position Österreichs keine Überraschung. Dieses Verhalten sei "fast genetisch", sagte er dem Ö1-Mittagsjournal. Wien habe sich "immer gegen Transparenz gewehrt", erklärte Zourek. Er fürchtet, dass Österreichs schlechter Ruf diesbezüglich nun bestätigt werde. (Andreas Schnauder, 12.11.2017)