Ein Mann gibt vor, einem Prügelopfer erste Hilfe geleistet zu haben; die Wahrheit kommt dabei erst mit der Zeit ans Licht: Dennis Kellys "Waisen".

Foto: Christa Pertl

Das Theater Praesent zählt zu den Off-Bühnen, die trotz klammer Finanzmittel seit Jahren unermüdlich Theaterabende bestreiten – getragen von der Leidenschaft und dem kreativen Potenzial selbstloser Theateraficionados. Dies verdient zweifellos Lob und Anerkennung, auch wenn etwas danebengeht.

Der Theaterraum, kaum größer als ein Wohnzimmer, liegt im Kellergeschoß eines Mehrparteienhauses in der Innsbrucker Kohlstatt. Auf diesen wenigen Quadratmetern fand vergangenen Samstag als Koproduktion mit dem Verein tON/NOt die Premiere von Waisen des britischen Erfolgsautors Dennis Kelly (Deutsch von John Birke) statt. Weiße Linien durchziehen die schwarzgetünchten Wände. Es sei eine heruntergekommene Nachbarschaft, heißt es. Bei Tisch, gedeckt für ein romantisches Tête-à-tête, sitzen Danny und Hellen, als plötzlich blutüberströmt Helens Bruder her einplatzt und vorgibt, einem Prügelopfer erste Hilfe geleistet zu haben.

Doch mit der Zeit kommt die Wahrheit ans Licht. Das preisgekrönte Stück konfrontiert mit einer monströsen Hypothese und zeigt auf, wie weit jeder gehen würde, nur um einen nahestehenden Menschen zu schützen. Trotz redlichen Bemühens sämtlicher Beteiligter (Regie: Agnes Mair, Darsteller: Philipp Rudig, Edwin Hochmuth, Michaela Senn), Brisanz zu vermitteln, bleibt das Ergebnis überschaubar. Dem Abend fehlt es an darstellerischer Dichte und Überzeugungskraft, der Inszenierung an Ideen und letztlich an Glaubwürdigkeit. (dns)