Wien – Funde von Planeten außerhalb des Sonnensystems allein sind heute keine Sensation mehr, über 3.700 solcher fernen Welten sind inzwischen bekannt. Es sind jene Kandidaten darunter, die Spekulationen über mögliches Leben zulassen, die Astronomenherzen rasen lassen. Ein besonders aussichtsreiches System, das aus zumindest sieben erdgroßen Planeten besteht, sorgt seit Anfang 2017 für großes Aufsehen: Die Welten um den kühlen Zwergstern Trappist-1, gerade einmal 40 Lichtjahre von uns entfernt, zählen heute zu den vielversprechendsten Zielobjekten für die Suche nach Leben fern der Erde.

Künstlerische Darstellung der Planeten um Trappist-1. Der 40 Lichtjahre von uns entfernte Stern besitzt acht Prozent der Masse unserer Sonne.
Illustration: NASA/JPL-Caltech

Blick auf Atmosphären

Vor allem zwei Umstände machen das Trappistsystem so spannend. Zum einen könnten mindestens drei der Planeten Wasser beherbergen und lebensfreundliche Bedingungen aufweisen. Zum anderen: Wenn es dort Leben gibt, haben Forscher sehr gute Chancen, es auch bald zu finden. Astronomen um Michaël Gillon (Universität Lüttich) und Amaury Triaud (Universität Birmingham) hatten die Planeten nach und nach dank deren Transite aufgespürt: Während sie von der Erde aus gesehen regelmäßig vor ihrem Mutterstern vorbeiziehen, dimmen sie dessen Licht. Auf diese Weise lassen sich Exoplaneten nicht nur entdecken, die Methode ermöglicht auch viele weitere Rückschlüsse: Aus den Beobachtungen kann ebenso auf Radius und Masse der Objekte geschlossen werden wie auf ihre Distanz zum Stern.

Vor allem aber lässt sich damit auch ihre Atmosphäre analysieren, so sie eine haben: Während des Transits wird die Gashülle der Planeten vom Licht durchschienen – und gibt bei spektroskopischer Beobachtung Details über ihre Zusammensetzung preis. "Wir erwarten, etwa 2023 oder 2024 ein klares Bild der Atmosphären des Trappistsystems zu haben", sagt Gillon. Möglich soll dies dank des James-Webb-Space-Teleskops (JWST) werden, das bisher leistungsstärkste Weltraumteleskop, das im Frühjahr 2019 ins All starten wird. "Nach ein paar Jahren Beobachtung werden wir viel über die Bedingungen auf diesen Planeten und über ihre Habitabilität wissen", so Gillon, dessen Arbeit seit 2014 mit einem Starting Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC) gefördert wird. 2017 wurde Gillon mit dem renommierten Balzan-Preis ausgezeichnet.

Trappist-1 und seine Planeten b bis h.
Illustration: NASA/JPL-Caltech

Einfachere Suche

Spektrografische Untersuchungen des JWST-Vorgängers Hubble legen jetzt schon nahe, dass die äußeren drei Planeten größere Wassermengen beherbergen könnten. Auch sonst ist schon vieles über Trappist-1 und seine Welten bekannt. So handelt es sich um ein ausgesprochen kompaktes System: Die beiden innersten Planeten umkreisen ihren Stern alle 1,5 und 2,4 Tage, der äußerste immerhin alle 20 Tage einmal. Sie befinden sich dabei vermutlich in gebundener Rotation – wie unser Mond der Erde weisen sie ihrem Stern stets dieselbe Seite zu. Obwohl sie so enge Bahnen um ihre Sonne ziehen, dürften drei der Planeten in der habitablen Zone liegen. Denn Trappist-1 ist ein leuchtschwacher roter Zwergstern, der gerade einmal acht Prozent der Masse unserer Sonne aufweist und viel weniger Strahlung abgibt.

Inzwischen konnte auch das Alter des Sterns auf sieben bis acht Milliarden Jahre eingegrenzt werden – und das lässt einen faszinierenden Schluss zu, sagt Amaury Triaud: "Trappist-1 ist älter als unsere Sonne (diese entstand vor rund 4,6 Milliarden Jahren, Anm.), seine Planeten könnten also schon länger lebensfreundlich sein als die Erde." Mit anderen Worten: Das Zeitfenster für die mögliche Entstehung von Leben ist hier deutlich größer als in unserem Sonnensystem. "Der Vorteil für die Suche nach Leben auf diesen Planeten ist nicht nur ihre Nähe, sondern auch, dass wir die Planeten miteinander vergleichen können", sagt Triaud. "Angenommen, wir finden bei Atmosphärenanalysen etwa Signaturen von Sauerstoff, dann wissen wir zunächst zwar nicht, ob sie von biologischen Prozessen stammen – es gibt auch andere Möglichkeiten. Wenn aber ein Planet viel Sauerstoff in seiner Atmosphäre aufweist und die anderen nicht, bedeutet das, hier ist etwas Besonderes im Gange."

Video: Der Astronom und Mitentdecker des Trappist-1-Systems, Amaury Triaud, erklärt, wie man einen Exoplaneten aufspürt.
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Kühle Zwerge im Fokus

Der spannendste Aspekt ihrer Entdeckung ist für Gillon und Triaud jedoch ein anderer: Kühle Zwerge wie Trappist-1 zählen zu den häufigsten Sternen in unserer Galaxie. Exoplanetenforscher interessieren sich aber erst vergleichsweise kurz für sie. Lange fokussierte die Suche nach Leben nämlich vorwiegend auf Bedingungen, die denen unseres Sonnensystems gleichen: auf erdähnliche Planeten, die um einen Zwilling unserer Sonne kreisen. Solche Welten sind vielversprechend, aber selten. Sonnenzwillinge machen höchstens acht Prozent aller Sterne aus.

Gillon initiierte 2008 ein Projekt, das sich ganz auf kühle Zwergsterne konzentrieren sollte. "Das war eine praktische Überlegung: Mit heutigen Technologien sind wir noch weit davon entfernt, einen erdähnlichen Planeten um einen sonnenähnlichen Stern untersuchen zu können. Lichtschwache Zwergsterne sind viel häufiger und Computermodelle hatten gezeigt: Würde man einen Planeten um einen solchen Stern in unserer Nähe finden, könnte man seine Atmosphäre schon jetzt studieren. Nur weil diese Sterne anders als unsere Sonne sind, sollten wir sie also keinesfalls vernachlässigen."

Neues Zeitalter

In einem ersten Suchlauf nahmen Gillon und Kollegen 2011 die 50 nächstgelegenen kühlen Zwergsterne des Südhimmels ins Visier, darunter auch Trappist-1. 2015 entdeckten sie dort erste Transitsignale und identifizierten nach und nach sieben Planeten. "Dass wir unter nur 50 Sternen auf dieses Planetensystem gestoßen sind, ist vielversprechend. Ich denke, dass wir noch sehr viele solche Systeme entdecken werden", so der Forscher. Er hält es sogar für möglich, dass die meisten lebensfreundlichen Welten unserer Galaxie um Zwergsterne wie Trappist-1 und nicht um Sonnenzwillinge kreisen.

So stellen sich Forscher die Oberfläche des Planeten Trappist-1f vor. Die drittäußerste Welt des Systems könnte große Ozeane beherbergen.
Illustration: NASA/JPL-Caltech

Für Triaud steht bei seiner Arbeit nicht so sehr die Frage "Gibt es anderswo Leben?" im Vordergrund, denn die Antwort darauf laute höchstwahrscheinlich: Ja. Er geht davon aus, dass es die Bestätigung dafür schon bald geben wird. "Viel interessanter ist daher, wie häufig Leben entsteht. Wenn man das wissen will, muss man sich unvoreingenommen alle Arten von Sternen und Planeten genau anschauen. Bei den einfachsten Zielen anzufangen bringt die schnellsten Ergebnisse – und wenn wir dort nichts finden, trägt das auch zur Beantwortung der Frage bei."

Inzwischen nimmt die Jagd nach Exoplaneten um Zwergsterne immer mehr Fahrt auf. Zwei große Teleskope in Chile widmen sich der Suche bereits, demnächst kommen zwei weitere hinzu. Die Forscher hoffen, schon binnen der nächsten fünf Jahre ein Dutzend weiterer Planetensysteme zu finden. Triaud: "Die Menschheit hat schon immer über Leben im All spekuliert. Jetzt beginnt das Zeitalter, in dem die Spekulation der empirischen Beobachtung weichen kann." (Text: David Rennert, Timeline: Daniela Yeoh, 27.11.2017)