Der Oberste Gerichtshof (OGH) ließ kürzlich einen Kläger abblitzen, der nach einem Bergunfall eine Kompensation seiner Versicherung beantragt hatte.

Foto: Naturfreunde Österreich

Wien – Versichern mag zwar beruhigen, gesichert ist eine Leistung im Schadensfall aber vielfach nicht. So geschehen in einer besonders tragischen Angelegenheit, bei der die Unfallversicherung nach der Amputation beider Vorderfüße nicht zum Tragen kam. Der Oberste Gerichtshof (OGH) ließ kürzlich einen Kläger abblitzen, der nach einem Bergunfall eine Kompensation seiner Versicherung beantragt hatte.

Folgenschwerer Ausgang einer Tour

Die Vorgeschichte, kurz zusammengefasst: Ein Alpinist schloss bei der Uniqa eine private Versicherung ab, mit der er sich bei Kletterunfällen finanziell absichern wollte. Bei der Durchsteigung der Eiger-Nordwand passierte dann das Malheur. Im "Götterquergang" löste sich ein Stein, und der Kletterer stürzte ins Seil, konnte sich aber selbst aus der kritischen Situation befreien. Doch das änderte nichts am folgenschweren Ausgang der Tour. Durch den Sturz erhielt die Hose des Kletterers Risse, er wurde durchnässt und erlitt folglich Erfrierungen an beiden Füßen.

Er beanspruchte daraufhin 135.660 Euro von der Uniqa, die aber die Zahlung verweigerte. Das Argument: Nicht der Unfall selbst, sondern die auf den Sturz folgenden Handlungen – also die Fortsetzung der Eiger-Besteigung – hätten zu den Erfrierungen geführt. In erster Instanz erhielt der Kläger dann immerhin 42.360 Euro zugesprochen. Der Unfall sei die Ursache der Durchnässung gewesen, heißt es in der Entscheidung. Zudem sei eine Bergung durch die Bergrettung mangels Handy-Empfang nicht möglich gewesen, der Kletterer konnte die Gesundheitsschädigung somit gar nicht verhindern. Dagegen berief die Uniqa und erhielt beim Oberlandesgericht Graz recht. Die aufgerissene Hose sei die Ursache der Erfrierungen, entschied das OLG.

Seil ist nicht Seil

Dagegen berief wiederum der Kletterer – vergeblich. Der OGH hat die Kernfrage in dem Fall so formuliert: Es müsse sich bei den Erfrierungen um eine unmittelbare Folge des Ereignisses handeln, damit das Vorliegen eines Unfalls bejaht werden könne. Das Höchstgericht zitiert dabei auch eine deutsche Entscheidung, bei der ein Unfall konstatiert wurde. Damals hatte sich das Kletterseil verhängt, und der Bergsteiger erfror, weil er in einer Wand festsaß. Allerdings war der Betroffene damals in seiner Bewegungsfreiheit durch den Ausfall des Seils derart beeinträchtigt, dass der Vorfall einem echten Unfall gleichzusetzen war.

Einen derartig engen Zusammenhang sieht der OGH in der aktuellen Causa nicht. Die Beschädigung von Ausrüstungsgegenständen, mögen sie auch am Körper getragen werden, "ist durch den Unfallbegriff nicht gedeckt", hält er fest (OGH 18.9.2017, 7Ob32/17g). Der Sturz des Klägers habe zu "keiner Beeinträchtigung seiner körperlichen Integrität" geführt. Die zerrissene Hose habe die wesentliche körperliche Funktionalität nicht derart gestört, dass er in eine hilflose Lage geraten sei. Oder einfach ausgedrückt: Der tragische Vorfall am Eiger ist für den OGH ein "Unglücksfall, aber kein Unfall". Weshalb die Klagsabweisung des Berufungsgerichts zutreffend war. (Andreas Schnauder, 15.11.2017)