Innsbruck – Das Genre Black Metal ist übel beleumundet. Freilich tut auch hier Differenzierung not, denn wie bei allen kulturellen Äußerungen darf nicht jede Textzeile eins zu eins als Handlungsaufforderung oder als Standpunkt des Autors bzw. Sängers verstanden werden. Auch hier gilt: Es handelt sich um Simulationsräume, in denen eine Realität zweiten Grades verhandelt wird.

Gehen offenbar gerne im Gebirge wandern: Wolves in the Throne Room.
Foto: Odyssey Booking

Nichtsdestotrotz findet man unter den Schwarzmetallern natürlich bisweilen auch wirkliche Obskuranten und Rechtsradikale, im Mainstream-Diskurs geht es oft aber nur um pauschale Diskreditierung eines Genres. Dabei gibt es Black-Metal-Combos, die sich den von norwegischen Okkultisten ausgelösten Erwartungshaltungen verweigern. Dazu gehören etwa Liturgy, Deafheaven oder Wolves in the Throne Room. Letztere sind Naturfreaks aus dem US-Nordwesten, die jetzt in Tirol gastieren.

Kein Brimborium

2003 von den Brüdern Aaron (Schlagzeug) and Nathan Weaver (Gesang, Gitarre) gegründet, verzichtet das Trio – Dritter im Bunde ist Gitarrist Kody Keyworth – auf satanistisches Brimborium. Stattdessen spielen Wälder und Berge des pazifischen Nordwestens eine Hauptrolle: als spiritueller Ort, der erhalten werden muss. So kann es nicht verwundern, dass die Musiker auf einer Selbstversorgerfarm in der Pampa des Bundesstaats Washington leben.

Wolves in the Throne Room

Sechs Alben haben die Naturburschen bisher veröffentlicht, nach den ziemlich räudigen Diadem of 12 Stars (2006), Two Hunters (2007) und Black Cascade (2009) sowie den eher dem dunklen Ambient zugeneigten Celestial Lineage (2011) und Celestide (2014) kommt die aktuelle Platte Thrice Woven (2017) wieder rockiger daher. Besser gesagt: als ausgewogene Reise zwischen den Welten mit donnernden Black-Metal-Gewittern, massiven Soundwänden, drohendem Drone-Dröhnen, ätherischen Gesangseinlagen, Lagerfeuerknistern, Akustikgitarren, Harfenintermezzo und atmosphärischen Synthesizerflächen.

Das Resultat ist ein majestätisches Klanggebilde, das zwischen scheinbarem Stillstand und schwarzmetallischer Raserei mäandert, und sich dabei vor den wilden Kräften der Natur wie vor der Schönheit der Wildnis verbeugt. Eigentlich ein Fall für Werner-Herzog-Filme, die oft genug beide Seiten in den Fokus rücken. Musikalisch ist das dann öfters näher an Godspeed You! Black Emperor oder My Bloody Valentine als an Darkthrone oder Burzum. (Gerhard Dorfi, 14.11.2017)