Kathmandu/Wien – Am Samstag verlor Waleri Rosow sein Leben während der Ausübung seiner großen Leidenschaft, des Basejumping. Der russische Extremsportler sprang auf dem Ama Dablam im Himalaya-Gebiet in Nepal aus 6.812 Metern Höhe in den Tod.
"Auch ich kann Fehler machen und dabei zu Tode kommen, nicht nur die anderen. Ich darf das Glück nicht zu oft herausfordern", hatte Rosow 2012 dem deutschen Nachrichtenmagazin "Spiegel" gesagt.
Drei Faktoren vor dem Sprung
"Normalerweise entscheide ich vorher. Ich analysiere die Felswand, meine Fähigkeiten, das Wetter. Das sind meine Hauptkriterien. Und ich habe meine Regeln: Passt eines davon nicht, ist das noch okay. Aber wenn zwei nicht passen, springe ich nicht", erklärte Rosow. Am Samstag nutzte ihm alle Vorsicht nichts. "Er prallte gegen die Bergflanke und überlebte nicht", sagte Mingma Gelu Sherpa vom organisierenden Seven Summits Club der Nachrichtenagentur AFP.
Anteilnahme
Am Montag bestätigte Rosows Sponsor Red Bull das Unglück in einer offiziellen Stellungnahme. "Es erfüllt uns mit großer Trauer, dass unser Freund Waleri Rosow nicht mehr unter uns ist", heißt es dort. Er wird als international hochgeschätzter Athlet und als "Abenteurer der Lüfte, der seine Ziele unermüdlich immer höher steckte", beschrieben. Der wohl berühmteste aller Basejumper wurde 52 Jahre alt. Auf seiner Facebook-Seite sind Anteilnahme und Trauer groß.
Österreichs bekanntester Sportler dieser Zunft, Felix Baumgartner, bedauert den Tod seines Kollegen und äußert gleichzeitig Kritik an der Tageszeitung "Österreich" im Zusammenhang mit einem Bericht über Todesfälle von Red-Bull-Sportlern.
Absprung aus über 7.000 Metern
Beim Basejumping stürzen sich die Springer von Häusern, Brücken oder Klippen zunächst ungeschützt in die Tiefe. Der an eine Fledermaus erinnernde "Wingsuit" ermöglicht es zu gleiten, bevor der Spezialfallschirm geöffnet wird. Rosow trieb die waghalsige Sportart auf die Spitze. Er war dafür bekannt, von Bergen zu springen, von denen zuvor noch nie jemand einen Sprung gewagt hatte. Er verband den klassischen Alpinismus mit Basejumpen – eine extrem gefährliche Kombination. Sein Ziel war es, von den höchsten Bergen aller sieben Kontinente zu springen.
2013 brach Rosow einen Höhenweltrekord, als er aus 7.220 Metern Höhe sprang. Mit diesem Sprung vom Changste, einem Berggipfel im Everest-Massiv, wurde er auch einer größeren Öffentlichkeit bekannt. Am 5. Oktober 2016 knackte er nach 21-tägiger Expedition auf den Cho Oyu, den sechsthöchsten Berg der Erde, seinen eigenen Rekord mit einem Sprung aus 7.700 Metern.
Der rote Bulle als Auszeichnung
Rosow war Red-Bull-Athlet und somit Mitglied eines ausgewählten Kreises an Basejumpern. Der Energydrink-Riese ist die unumstrittene Nummer eins im Fun- und Extremsport. Das Unternehmen von Dietrich Mateschitz pumpt so viel Geld in den Sport wie kaum eine andere Firma. Das Konzept geht auf, die Umsätze wachsen stetig.
Traurige Liste an Verunglückten
Schneller, höher, stärker – und waghalsiger: So könnte das Motto der Red-Bull-Extremsportsparte lauten. Das Ausloten des Machbaren hat auch eine traurige Seite. Rosow ist einer von zahlreichen Red-Bull-Extremsportlern, die ihr Leben lassen mussten: Die Stuntpiloten Michael Leusch und Guido Gehrmann, der Schneemobilfahrer Caleb Moore, der Motorradpilot Toriano Wilson, Motocrosser Eigo Sato sowie die Basejumper Eli Thompson, Shane McConkey und Ueli Gegenschatz füllen eine mittlerweile beängstigend lange Liste. Red Bulls Kommunikationsstrategie zu diesen Todesfällen fällt – wie eine Suche auf den Medienplattformen ergibt – äußerst dezent aus.
Fragwürdiges Spektakel
Die Athleten starben in den vergangenen sieben Jahren auf drei verschiedenen Kontinenten. Red Bull hatte sie mit gut dotierten Verträgen ausgestattet, die gleichzeitig wohl auch besondere Verpflichtungen vorsahen. Das Unternehmen erwartet Spektakel, es inszeniert seine Sportler in aufwendig produzierten Videos als Helden. Doch auch Helden wie Waleri Rosow sind nicht unverwundbar. (sid, red, 15.11.2017)