Von Pantelleria zu erzählen, ohne den Wind zu erwähnen, geht nicht. Wind prägt hier einfach alles. Das beginnt beim Namen, Bint al-aryah, "Tochter der Winde", den die Araber der Insel gaben, als sie sie etwa 700 n. Chr. besiedelten. Die Windtochter beschäftigt jeden per Flugzeug Anreisenden, wenn sich das Fluggerät an die Landebahn heranpendelt, und schlägt sich auch in der Architektur der grün-schwarzen Hügellandschaft nieder. Die Windstärken, die Pantelleria-Neulinge "schon schön kräftig" nennen, bezeichnen Habitués wie Laura Ellwanger vom Weingut Donnafugata gelassen als "völlig normal".

Foto: (c) Coste Ghirlanda

Die Insel lebt von der Landwirtschaft. Fischerei ist kein Thema, da die Küste viel zu schroff ist und Boote hier außerhalb eines Yachthafens in der Stadt Pantelleria nicht wirklich anlanden können. Alles Agrarische findet wegen des Windes maximal schulterhoch statt. Olivenbäume wachsen nach unten. Kapernbüsche recken sich, so gut es geht, zwischen Felsblöcken in die Höhe und Rebstöcke enden etwa auf Kniehöhe.

Leben auf 83 Quadratkilometern vulkanischen Bodens: Die hügelige Landschaft fällt an den Küsten steil ins Wasser ab, die Dammusi, Steinhäuser mit gewölbten Dächern, passen sich zwischen den dunklen Hügeln in die Landschaft ein.
Foto: Donnafugata / Fabiano Gambina

Auch der bekannteste Wein der Insel, Ben Ryé vom Weingut Donnafugata, hat viel mit Wind zu tun. Sein arabischer Name bedeutet "Sohn des Windes". Bei der Herstellung werden dem gärenden Saft aus frischen Trauben Rosinen beigegeben, die in Netzen über dem Boden mithilfe des Windes getrocknet werden. Der konstante Luftzug, der durchstreicht, bewirkt, dass die Beeren trocknen und nicht verfaulen.

Ägyptische Wurzeln

Die Rebsorte, die alles Weingeschehen auf der Insel beherrscht, heißt Zibibbo und ist außerhalb von Sizilien bekannt als Moscato di Alessandria, der seinerseits wieder zu der verbreiteten Muskat-Großfamilie gehört. Gelber Muskateller, der in Österreich beliebteste Angehörige dieses uralten Rebsortenadels, der allerdings duftmäßig deutlich stärker aufträgt als Moscato di Alessandria, ist genetisch gesehen ein Vorfahre des Zibibbo. Auf Pantelleria soll der Abkömmling aus Alexandria gelandet sein, als die Phönizier auf ihren Handelsreisen die Insel entdeckten und dabei Trauben mitbrachten.

Der gesamte Weinbau auf Pantelleria findet per Hand statt. Die Rebstöcke stehen auf breiten Terrassen, die durch niedrige Trockensteinmauern gestützt werden, da die Erosion gewaltig ist. Die Stöcke selbst wachsen durch den Wind bedingt ohne den bei uns üblichen Drahtstützen. Sie haben bis zu sechs Arme und werden, vor allem wenn sie älter sind, oft durch Steine abgestützt. Die Böden sind vulkanischen Ursprungs und entweder mit glasig harten Brocken aus schwarzem Obsidian durchsetzt oder bröselig aus Basalt, einer Art sandigem Bimsstein, der Besuchern in offenen Sandalen die Pediküre erspart.

Grundwasser oder Bäche gibt es hier nicht, nur einen kleinen See, der durch heiße unterirdische Quellen gespeist wird. Dennoch ist die Wasserversorgung auf der Insel ausreichend, wenn auch nicht üppig. Alles Wasser, vor allem aus dem Tau und aus der Meeresfeuchtigkeit, zuweilen auch durch Regen, wird gesammelt, so gut es geht.

"Die Bauern hier sind sehr gut darin", erzählt Ellwanger, "Bewässert wird im Weingarten trotzdem nicht, da das Wasser entsalzt werden muss." Auch die typischen Dammusi, viereckige Steinhäuschen mit weißen, wie Bäuche hochgewölbten Dächern, sind dafür gerüstet. Alles Wasser, das sich an den Rundungen anlegt, läuft in einer Rinne ab in eine unter dem Haus gelegene Zisterne.

Foto: iStock / Bepsimage

"Sehr vieles muss hierher gebracht werden, weil es einfach fast nichts gibt", erzählt Ellwanger, die jedes Jahr während der Weinlese einige Wochen hier verbringt. Für den Weinbau bedeutet das aber auch, dass Arbeiter und vor allem Lesehelfer, aus Marsala oder Trapani, eingeflogen werden. Flüge und Unterkünfte würden selbstverständlich vom Weingut bezahlt. "Manche Leute müssen fast überredet werden. Die Insel ist relativ teuer und die Lese der niedrigen Stöcke auf den aufgeheizten vulkanischen Böden sehr anstrengend."

Leichtfüßig

Bis in die 1960er-Jahre gab es etwa 4.000 Hektar Rebflächen auf der Insel, heute sind es gerade noch etwa 500. Zibibbo wurde als Speisetraube oder aber als Rosine verkauft. Der Handel brach ein, als man die beiden Erzeugnisse in anderen Gebieten billiger, weil unter weniger aufwendigen Bedingungen, herzustellen begann.

Der Passito di Pantelleria aus Zibibbo war früher ein Nebenprodukt "für den Hausgebrauch" und wurde erst durch Ben Ryé ab den späten 1980er-Jahren zu einer Berühmtheit.

In der jüngeren Vergangenheit wird Zibibbo von der Pantelleria nicht nur als Passito, so die offizielle Bezeichnung für diesen Weinstil, sondern immer öfter auch trocken ausgebaut.

Giulia Pazienza Gemetti von Coste Ghirlanda hat sich mit Jardinu und Silenzio, zwei trockenen, eleganten, leichtfüßigen Zibibbos, einen wirklich guten Namen gemacht. Pazienza, die in ihrer Jugend Profibasketballerin war, arbeitet seit einigen Jahren auch daran, sich ihr ganz eigenes Gesamtkunstwerk auf der Insel zu schaffen. Sie wurde vor gut 15 Jahren von Freunden auf Pantelleria eingeladen, die ihr ankündigten, sie würde die Insel entweder lieben oder hassen. Zwei Jahre später begann die damalige Finanzmanagerin in der Immobilienwirtschaft, Grundstücke auf Pantelleria zu kaufen, unter denen sich irgendwann auch Weingärten befanden.

Giulia Pazienza Gemetti hat sich mit zwei trockenen, eleganten Weinen aus Pantelleria einen Namen gemacht.
Foto: Luzia Schrampf

Sie sei heute noch fasziniert "von allem hier, von der Stille, dem Sternenhimmel, den afrikanischen Sonnenuntergängen, das alles muss man erleben". Auf ihren Grundstücken finden sich neben Weingärten, aus denen sie die großartigen Zibibbos keltert, auch Flächen mit Kapern, die auf der Pantelleria eine außergewöhnlich gute Qualität haben.

Auch Olivenhaine gibt es, und Orangenbäume wachsen in ihrem Giardino Pantesco, einer Einrichtung, die auf der ganzen Insel in vielen Gärten zu finden ist. Da die Obstbäume dem Wind nicht standhalten würden, werden sie von einer drei bis vier Meter hohen dicken Steinmauer umgeben, die die Bäume schützt. Die Mauer dient sowohl als Sonnenschutz wie auch als ausgeklügelter Wasserspeicher.

Pazienza "verarbeitet" alles, was sie in die Hände bekommt, ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse – Wein, Kapern, Oliven, Orangen, Honig ebenso wie die Dammusi auf ihren Grundstücken, die sie zu Appartements umbaut, um sie zu vermieten. Dass hier aufgrund der Gegebenheiten nur langsam gearbeitet werden kann, bezeichnet sie als Glücksfall. Es gehöre zum Leben hier und zu der außergewöhnlichen Ruhe, "weil es hier einfach nichts gibt". (Luzia Schrampf, RONDO, 9.12.2017)

Die spezielle Erziehungsform der Rebstöcke auf Pantelleria wurde 2014 zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt.
Foto: Donnafugata / Fabiano Gambina
Foto: Donnafugata / Anna Pakula

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