Alkohol in der Schwangerschaft erhöht das Risiko für eine Frühgeburt.

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Als Frühchen werden jene Kinder bezeichnet, die vor der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen. Sie verbringen die ersten Wochen ihres Lebens nicht zuhause, sondern auf den Intensivstationen der Geburtskliniken.

Winzig, mager und vollgepackt mit Elektroden und Schläuchen – so kämpfen Frühchen im Brutkasten um jedes Gramm, das sie aus der Gefahrenzone bringt. Die aufwändige Technik und die intensive Pflege sollen diesen Kindern den Mutterleib ersetzen, den sie früh verlassen mussten.

Die gute Nachricht: Durch moderne Neugeborenen-Intensivmedizin werden die Überlebenschancen von Frühgeborenen immer besser. Selbst Frühchen, die weniger als 1.000 Gramm wiegen, überleben zu über 80 Prozent, wenn sie in gut ausgestatteten Perinatalzentren betreut werden.

Zahlen gleichbleibend

Gleichzeitig kann die Medizin wenig tun, um eine Frühgeburt zu verhindern. Im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte ist die Frühgeburtenrate in den meisten Ländern der Welt trotz zunehmender Kenntnisse über die Risikofaktoren gleichgeblieben oder sogar angestiegen. Sie liegt zwischen sieben und 14 Prozent, was etwa 15 Millionen betroffenen Kindern jährlich entspricht.

Einige der Risikofaktoren können durch das Verhalten der Schwangeren und das Können ihrer Ärzte günstig beeinflusst werden, heißt es von der Deutschen Stiftung Kindergesundheit und nennt Beispiele:

  • Rauchen während der Schwangerschaft kann das Wachstum des Babys im Mutterleib beeinträchtigen, zum vorzeitigen Blasensprung, einer Ablösung der Plazenta oder zum Plazentavorfall führen. Studien zeigen, dass eine Einstellung des Rauchens beim Bekanntwerden der Schwangerschaft das Risiko einer Frühgeburt verringert.
  • Neben den illegalen Drogen, wie zum Beispiel Kokain, gilt Alkohol als ein wichtiger Risikofaktor.
  • Werdende Mütter mit einer ausgewogenen Ernährung haben generell einen besseren Schwangerschaftsverlauf als übergewichtige oder fettsüchtige Frauen.
  • Eine gute Zufuhr langkettiger Omega-3 Fettsäuren kann das Risiko für frühe Frühgeburten vor der 34. Schwangerschaftswoche um etwa die Hälfte verringern. Deshalb sollten Schwangere wöchentlich zwei Portionen fettreiche Meeresfische wie Hering, Makrele oder Lachs verzehren. Frauen, die sich vegetarisch ernähren oder aus anderen Gründen keinen Fisch essen, sollten ein Supplement mit Omega-3 DHA verwenden.
  • Mit steigendem Alter der Mütter steigt auch das Risiko von Frühgeburten.
  • Durch die medizinische Behandlung ungewollt kinderloser Paare nimmt die Zahl von Mehrlingsschwangerschaften zu. Dadurch wächst aber auch das Risiko von Frühgeburten auf 40 bis 60 Prozent.
  • Infektionen während der Schwangerschaft spielen eine wichtige Rolle und sind an vorzeitigen Wehen und Frühgeburten beteiligt. Besonders riskant können Infektionen der Harnwege sein. Durch frühe Untersuchungen in der Schwangerschaft und Behandlung der Infektion kann das Risiko von Frühgeburten um 40 Prozent reduziert werden. Bei Unwohlsein oder Fieber sollten schwangere Frauen daher schnell ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.
  • Schwangere mit Entzündungen des Zahnfleisches und des Zahnbettes haben ein etwa viermal höheres Risiko für eine Frühgeburt. Durch eine gezielte Behandlung konnte in Studien die Frühgeburtenrate um 68 bis 84 Prozent reduziert werden. Werdende Mütter sollten deshalb besonders auf eine gute Mundhygiene achten.
  • Das Risiko einer Frühgeburt steigt stark an, wenn die Mutter in einer früheren Schwangerschaft bereits eine Frühgeburt oder Fehlgeburt hatte.

Mögliche Folgen

Besonders gefürchtet ist die Zerebralparese, die gehirnbedingte spastische Bewegungsstörung. Zudem werden bei Frühchen auch häufiger Anfallsleiden, Sehstörungen oder ein Hydrozephalus (Wasserkopf) registriert.

Für die Befürchtung vieler Eltern, ihr Frühchen bliebe immer kleiner als die anderen, gibt es übrigens keinen Grund, sagt die Stiftung Kindergesundheit. Eine Langzeitstudie an der Universitätskinderklinik Bonn, in der die Entwicklung von 116 Frühgeborenen über 30 Jahre hindurch verfolgt wurde, ergab: Zwar werden mit acht Jahren meist noch Wachstumsdefizite registriert, aber die Endgröße der Frühgeborenen unterscheidet sich nicht von der normal geborener Kinder.

Langfristige Entwicklung

Eltern befürchten vor allem, dass die Unreife bei der Geburt Schäden hinterlässt, die das spätere Leben des Kindes beeinträchtigen. Dieses Risiko besteht in der Tat. Es ist jedoch geringer als lange angenommen wurde, betont die Stiftung Kindergesundheit. Obwohl heute wesentlich mehr Kinder mit sehr niedrigem Geburtsgewicht am Leben erhalten werden als früher, hat die Zahl der geschädigten Babys abgenommen.

Das bedeutet: Die meisten Patienten der Frühchenstationen können später zu gesunden Menschen heranwachsen. So ergab eine Analyse deutscher Frühgeborener der Jahrgänge 1987 bis 2004, dass im Alter von neun Jahren zwischen Frühgeborenen und Reifgeborenen in der Lebensqualität keine Unterschiede mehr bestehen. (red, 15.11.2017)