May will bis zu 20 zusätzliche Milliarden Pfund für die Scheidungsvereinbarung anbieten.

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London – Die britische Premierministerin Theresa May will einem Zeitungsbericht zufolge mehr Geld für die Scheidungsvereinbarung mit der EU anbieten. Es gehe um zusätzlich bis zu 20 Milliarden Pfund (22,2 Milliarden Euro), berichtete die "Sun" am Donnerstag.

EU-Chefunterhändler Michel Barnier hatte am Freitag Großbritannien ein Ultimatum von zwei Wochen gestellt, um Klarheit in wichtigen Punkten zu schaffen, damit beim Dezember-Gipfel über die künftigen Handelsbeziehungen gesprochen werden könne. Der britische Brexit-Minister David Davis sagte am Sonntag, Großbritannien werde keine Zahl oder Formel für seine finanziellen Verpflichtungen gegenüber der EU vorlegen.

Notenbank will Wirtschaft schützen

Die britische Notenbank will unterdessen alles in ihrer Macht stehende tun, um die Wirtschaft gegen Ende des Jahrzehnts vor den Folgen des Brexit abzuschirmen. Zentralbankchef Mark Carney kündigte dies am Donnerstag im Fernsehsender ITV an. Die Aussage lässt Erinnerungen an die weltweit beachtete Londoner Rede von EZB-Chef Mario Draghi wachwerden.

Dieser hatte 2012 angekündigt, alles "was immer nötig ist" zu tun, um den Euro zu retten. Anders als in der damaligen Krise in der Eurozone geht es in Großbritannien jedoch nicht um die Bewahrung der Währung, sondern um die Stabilisierung der Wirtschaft.

Verunsicherung in der Wirtschaft

Die Unklarheit über den künftigen Status Großbritanniens in den Handelsbeziehungen zur EU hat zu Verunsicherung in der Wirtschaft geführt. Dies hemmt die Investitionsbereitschaft und dämpft so die Konjunktur auf der Insel. Carney sieht daher einen breiten Konsens im Land für eine Übergangsphase nach dem für Ende März 2019 angepeilten EU-Austritt. Regierung, Parlamentarier, Unternehmen und auch die EU sind sich laut Carney im klaren, "dass es in aller Interesse ist, ein Mindestmaß einer Übergangsphase für die neuen Beziehungen zu haben", sagte er. Notwendig sei eine "umfangreiche und offene Handels- und Investitionspartnerschaft" zwischen Großbritannien und den 27 EU-Ländern: "Wir werden tun, was immer wir können, um die Wirtschaft in der Übergangsphase zu stützen – egal wie die Verhandlungen ausgehen, ob nun ohne Abkommen oder mit einer sehr umfassenden Vereinbarung", sagte Carney.

Auch Vertreter deutscher und europäischer Wirtschaftsverbände hatten sich in dieser Woche nach einem Treffen mit Premierministerin Theresa May für eine Übergangsphase ausgesprochen. Die Briten hatten sich im Sommer 2016 für einen EU-Austritt entschieden. Die Scheidungsverhandlungen mit der EU kommen jedoch nur stockend voran.

EU-Kommission spekuliert nicht über britische Zahlungen

Die EU-Kommission spekuliert nicht über Zahlungen Großbritanniens an die Europäische Union durch den Brexit. Von Journalisten befragt, ob 40 Milliarden Pfund (44,49Milliarden Euro) ausreichend oder nicht ausreichend wären, um von einem Fortschritt in den Brexit-Verhandlungen zu sprechen, winkte ein Kommissionssprecher am Donnerstag ab. "Netter Versuch, aber wir spekulieren nicht auf diesem Gebiet".

Es gebe einen sehr strukturierten Rahmen, um miteinander zu reden. Dort könne diese Frage erörtert werden, fügte der Sprecher an.

In den bisher sechs Verhandlungsrunden zwischen EU und Großbritannien sind bisher kaum Fortschritte erzielt worden. Weiterhin keine Einigung gibt es in den drei Hauptpunkten der ersten Verhandlungsphase. Es sind dies die Finanzen – also was die Briten beim Austritt bezahlen müssen -, die Nordirland-Frage und die Bürgerrechte. Erst wenn hier substanzielle Fortschritte erzielt werden, kann die von den Briten gewünschte zweite Verhandlungsphase über die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU nach dem Brexit begonnen werden. Ziel war, dass spätestens der EU-Gipfel Mitte Dezember diesen Auftrag für die zweite Verhandlungsphase erteilen sollte. Allerdings ist dies derzeit eher fraglich.(APA, Reuters, 16.11.2017)