CDU-Landeschef Bernd Althusmann soll Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident werden. Hier trat er in Hannover Ende Oktober vor die Presse.

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Hannover – Nach rund zweiwöchigen Verhandlungen haben sich im deutschen Bundesland Niedersachsen SPD und CDU auf eine Große Koalition geeinigt. Es handle sich um eine "Große Koalition der Vernunft und des gesunden Menschenverstands", sagte Ministerpräsident und SPD-Landeschef Stephan Weil am Donnerstag in Hannover.

CDU-Landesvorsitzender Bernd Althusmann sprach von einer Gesprächsatmosphäre, die von einem "Höchstmaß an Professionalität" geprägt gewesen sei. In Niedersachsen war vor viereinhalb Wochen – am selben Tag wie die Nationalratswahl in Österreich – ein neuer Landtag gewählt worden. Die SPD ging aus dem Urnengang am 15. Oktober als Sieger hervor. Allerdings hatte ihr bisheriger grüner Koalitionspartner Stimmen verloren, so dass es für eine Fortsetzung von "Rot-Grün" nicht reichte.

Einzige realistische Option

Eine Große Koalition war die einzige realistische Regierungsoption. Rechnerisch ebenfalls mögliche Dreierbündnisse von SPD und CDU mit Grünen und FDP scheiden aus, weil sie von den kleinen potenziellen Partnern abgelehnt werden.

Weder SPD noch CDU hätten anfangs eine Große Koalition gewollt, betonte Weil. Beide Parteien hätten sich in Niedersachsen mehr als vier Jahrzehnte unversöhnlich gegenübergestanden. Sie sei aber die einzige realistische Option für eine stabile Regierung. Es hätten sich zudem schnelle und "wirklich gute Verhandlungen" entwickelt, sagte er. "Wir staunen ein bisschen über uns selbst."

Seitenhieb

Die neuen Koalitionspartner konnten sich Seitenhiebe auf die Berliner Jamaika-Sondierer nicht verkneifen. "Zwei Wochen, das ist weiß Gott kein langer Zeitraum, wenn man andere Beispiele sich vor Augen führt, die wir derzeit ja auch erleben", sagte Weil.

Althusmann sagte, beiden Parteien sei in ihren Verhandlungen ein "tragfähiger Zukunftsentwurf" gelungen. Das Bündnis aus SPD und CDU werde eine "Koalition der Vernunft" und "so etwas wie ein Startsignal". Eine Große Koalition könne für das Land wichtige Weichenstellungen vornehmen. Er selbst wird nach eigenen Angaben Wirtschaftsminister und Vizeregierungschef im Kabinett von Weil.

Dieser soll in der kommenden Woche im Landtag in seinem Amt als Ministerpräsident bestätigt werden, das er seit 2013 ausübt. In dieser Zeit regierte die SPD mit den Grünen. Zuvor müssen aber noch die Parteigremien von SPD und CDU den Koalitionsvertrag absegnen. Bei den Sozialdemokraten wird am Samstag ein Parteitag tagen, die CDU berief für Montag ihren Landesausschuss ein.

Im neuen Kabinett stellen SPD und CDU jeweils fünf Minister. Die SPD stellt mit Weil zusätzlich aber noch den Ministerpräsidenten.

Niedersachsen ist das deutsche Bundesland mit der zweitgrößten Fläche und hat fast acht Millionen Einwohner. (APA, 16.11.2017)