In der EU sind 70 Millionen Menschen von Arbeitsarmut betroffen.

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Göteborg/Wien – In Europa sind laut der Armutskonferenz 70 Millionen Menschen von Einkommensarmut betroffen, arbeiten in Billigjobs, als "Working Poor", haben starke physische oder psychische Beeinträchtigungen oder können sich Wohnen nicht leisten. Zu einer "effektiven Politik gegen Armut" ruft daher Martin Schenk von der Armutskonferenz die ab Freitag tagenden Regierungschefs auf dem EU-Sozialgipfel in Göteborg auf.

Es gelte, "in ganz Europa mit aller Kraft in Soziales, in Bildung, Gesundheit und gute Arbeitsplätze zu investieren", sagte Schenk am Donnerstag. Er fordert "mehr Europa und mehr Demokratie" in der zukünftigen Sozial- und Wirtschaftspolitik. Zur besseren Zielsteuerung brauche es Indikatoren zu Arbeitslosigkeit, Qualität der Jobs und zur sozialen Entwicklung, aber auch zur Steuerstruktur: "Europa wird sozial sein, oder es wird nicht mehr sein", so Schenk.

Kritik von den Grünen

Die Grünen kritisierten den Sozialgipfel angesichts der Erhöhung der Verteidigungsausgaben und des Pakts zur militärischen Zusammenarbeit (Pesco) unterdessen als "Farce". Die Europaabgeordnete Monika Vana sieht das Ziel der Schaffung eines sozialeren Europa weit verfehlt. "Die Erklärung des EU-Sozialgipfels ist nichts als eine müde Absichtsbekundung mit kaum konkreten Maßnahmen", erklärte Vana am Donnerstag in einer Aussendung. "In derselben Woche unterzeichnen Österreich und weitere 22 EU-Mitgliedstaaten den Pesco-Militärpakt. Damit sind Milliardenzahlungen an die Rüstungsindustrie und sogar eine Verpflichtung zur laufenden Erhöhung der Verteidigungsausgaben besiegelt." Das zeige, dass "Gesundheit oder Bildung weniger Stellenwert haben als die Finanzierung von Panzern und Waffen".

SPÖ-Delegationsleiterin Evelyn Regner forderte die rasche Umsetzung der Göteborger Ziele. Sie sieht es aber als einen "großen Erfolg" der Sozialdemokraten, dass der EU-Gipfel überhaupt stattfindet. "Zum ersten Mal treffen sich die Regierungschefs der Mitgliedsstaaten mit Vertretern der EU-Institutionen und beschäftigen sich ausschließlich mit der sozialen Frage." Was in Göteborg beschlossen werde, sei nichts Rechtsverbindliches, sondern vielmehr ein Kompass für die zukünftige Arbeit. "Die Überschriften müssen jetzt mit konkreten Gesetzesvorhaben ausgestattet werden." (APA, 16.11.2017)