Kommt die Steuerreform der Republikaner, steigt die Staatsverschuldung der USA.

Wien – Die von US-Präsident Donald Trump angestrebte große Steuerreform hat eine erste Hürde genommen. Das Repräsentantenhaus verabschiedete den Gesetzesentwurf am Donnerstag. Nun geht er an den Senat, wo eine Mehrheit ungewiss ist.

Trotz dieses erfolgreichen Zwischenschritts haben die ersten Monate von Trumps Präsidentschaft etwas von einem Uni-Seminar mit dem Titel "Einführung in die Realpolitik". Jede von Trump im Wahlkampf pompös versprochene wirtschaftspolitische Reform ist auf einen solchen Widerstand gestoßen, dass die Projekte binnen weniger Wochen implodiert sind. Lobbyisten, Demokraten, Bürgerverbände, aber allen voran die eigene Partei haben erfolgreich quergeschossen.

Gefährdete Steuerreform

Eine Implosion droht derzeit dem ambitioniertesten Projekt Trumps und der republikanischen Führung. Sie wollen das Steuersystem umkrempeln. Die Unternehmenssteuern sollen von 35 auf 20 Prozent sinken. Der Gesetzesvorschlag im Repräsentantenhaus sieht zudem eine Sondersteuer für multinationale Konzerne vor, die in die USA exportieren. Die Einkommenssteuertarife sollen zugunsten der oberen Mittelschicht umgestaltet werden.

Am Senat wächst jedoch der Widerstand. Senator Ron Johnson, ein Republikaner aus Wisconsin, erklärte, in der aktuellen Form nicht für die Reform stimmen zu wollen. Ihn stört, dass große Unternehmen von der 20-Prozent-Rate profitieren sollen, während Ein-Personen-Unternehmer weiter dem deutlich höheren Einkommenssteuertarif unterliegen. Johnson glaubt, mit der Position im ländlichen Wisconsin punkten zu können.

Mehrheit im Senat zerfällt

Die Republikaner verfügen über 52 der 100 Stimmen im Senat. Die knappe Mehrheit wackelt, weil mehrere Abgeordnete unschlüssig sind. Einige Republikaner kritisieren, dass die Steuererleichterungen die US-Staatsschulden zu sehr in die Höhe treiben würden. 1,5 Billionen Dollar über zehn Jahre sollen alle geplanten Maßnahmen kosten.

Außerdem tickt die Uhr: In Alabama findet im Dezember eine Nachwahl für einen Senatssitz statt. Der republikanische Kandidat Roy Moore sieht sich mit Vorwürfen der sexuellen Belästigung konfrontiert, er liegt in Umfragen hinten. Verliert er, wird es noch schwerer für den US-Präsidenten, eine Mehrheit im Senat zu finden.

Gegenwind für Nafta 2.0

Die Handelspolitik neu auszurichten ist ein weiters Versprechen, bei dem Trump bisher auf unüberwindbare Widerstände stößt. Jüngstes Beispiel: das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta. Der Präsident wollte aus Nafta aussteigen, aktuell versuchen seine Unterhändler den Vertrag mit Mexiko und Kanada neu aufzusetzen.

Doch Teile der US-Industrie laufen gegen die Strategie des Weißen Hauses Sturm. Die US-Regierung will, dass künftig mehr Automobilteile in den USA und in Nordamerika produziert werden. Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, sollen Pkws weiter zollfrei im Nafta-Raum gehandelt werden.

Automobilbauer wie General Motors fürchten, dass eine Verschärfung dieser "Rules of Origin" sie bei der Wahl ihrer Produktionsstandorte einschränkt. Nun haben sich 72 Abgeordnete aus dem Repräsentantenhaus, vor allem Republikaner, gegen die Verhandlungsstrategie Trumps bei Nafta ausgesprochen. Sein Spielraum ist damit eingeschränkt.

Angst vor dem Stahlkrieg

Ein zentrales Versprechen Trumps an die Wähler im Rust-Belt war, etwas für die Stahlindustrie zu tun. So ließ er Pläne ausarbeiten, um Importe aus anderen Ländern, allen voran China, mit Zöllen zu belegen. Doch damit wäre die Bereitschaft Pekings, den USA in der Nordkorea-Frage zu helfen, geringer geworden.

Zudem sind zahlreiche Industriezweige auf die Barrikaden gestiegen. Importzölle würden Stahl verteuern. Das würde zu einem Preisanstieg im Bausektor führen, aber auch Automobile für Konsumenten teurer machen, warnten Unternehmen. Die Zollpläne verschwanden in der Schublade des Weißen Hauses.

Obamacare-Aus gescheitert

Vergeblich versucht hat die Partei die Neugestaltung der Gesundheitspolitik. Den Republikanern fehlten letztlich drei Stimmen im Senat, um Obamacare abzuschaffen, das unter anderem für weite Teile der Bevölkerung eine Pflichtversicherung vorsieht. Der Eifer der Partei in dieser Frage gefährdet derzeit die Steuerreform zusätzlich: Der im Senat diskutierte Gesetzesentwurf zur Steuern enthält auch eine Passage, die ein Ende der erwähnten Versicherungspflicht vorsieht.

Das wäre ein Aus für Obamacare über die Hintertür. Genau diesem Passus dürften jene Republikaner, die das bisher nicht wollen, erneut nicht zustimmen. (András Szigetvari, 16.11.2017)