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Die afrikanisierte Honigbiene produziert zwar mehr Honig, sie gilt aber als aggressiv. Eine Population auf Puerto Rico hat nun allerdings zu ihren friedliebenden Wurzeln zurück gefunden.

Foto: Getty Images/Lian van den Heever

Urbana – In den 1950er-Jahren hielt man es in Brasilien für eine gute Idee, den Honigertrag zu steigern, indem man europäische mit afrikanischen Bienen kreuzte. Europas Bienen, hauptsächlich deutsche und französische Rassen, waren mit dem tropischen Klima nicht allzu gut zurecht gekommen, die Kombination mit den wesentlich produktiveren Insekten aus Afrika sollte hier Abhilfe schaffen. Tatsächlich ließ sich dadurch die Honigausbeute steigern – das Ergebnis geriet letztendlich dennoch zum Desaster: 1957 entkamen durch das Missgeschick eines falsch informierten Angestellten 26 Völker mit afrikanischen Königinnen.

Rasante Ausbreitung

Entgegen der ursprünglichen Erwartungen schaffte es die neu entstandene Mischrasse nicht nur, sich in der Natur zu etablieren, sie breitete sich auch noch rasend schnell über den südamerikanischen Kontinent aus. Pro Jahr legten diese gefürchteten Hybride auf dem Weg Richtung Norden bis zu 500 Kilometer pro Jahr zurück. 1985 erreichten sie die Grenze zu den USA, wo sie mittlerweile in zahlreichen Bundesstaaten zu finden sind.

Dass mit den als "Killerbienen" medial etikettierten afrikanisierten Insekten tatsächlich nicht zu spaßen ist, zeigt der Anstieg der Todesfälle, die in Brasilien auf ihr Konto gehen: Während dort vor der Einführung der afrikanischen Unterart jährlich im Schnitt 25 Personen durch Bienenstiche ums Leben kamen, waren es im Jahr 2005 bereits 195. Mittlerweile dürfte diese Zahl durch Einkreuzung weniger aggressiver Sorten aber wieder etwas gesunken sein. Problematisch sind die afrikanisierten Hybride vor allem, weil im Fall einer Bedrohung fast das gesamte Volk angreift, während bei europäischen Bienen nur eine kleine Zahl zur Verteidigung ausschwärmt.

Verlorene Angriffslust

Nun zeigt eine überraschende Entwicklung auf Puerto Rico, dass sich das Aggressionsproblem mit den an sich ertragreichen und daher für Imker durchaus attraktiven afrikanisierten Bienen womöglich von selbst erledigen könnte. Die Hybridbienen erreichten die Karibikinsel auf ihrem Vormarsch Anfang der 1990er Jahre. 2012 stellten Wissenschafter jedoch fest, dass sich die geflügelten Einwanderer inzwischen weit weniger angriffslustig benahmen als ihre Verwandten auf dem Festland. War es innerhalb der isolierten Population auf der Insel zu einer Mutation gekommen, die die Insekten sanfter werden ließ?

Diesem Verdacht ist nun ein internationales Team um Gene Robinson von der University of Illinois in Urbana im Rahmen einer umfassenden genetischen Studie auf den Grund gegangen. Die Forscher sequenzierten und verglichen die Genome von 30 der gutmütigeren puerto-ricanischen Bienen, von 30 aggressiven afrikanisierten Bienen aus Mexiko und 30 europäischen Bienen. Dabei stellte sich heraus, dass die DNA der sanften Karibik-Biene zum überwiegenden Teil jenem der afrikanisierten Vorfahren gleicht. Nur einige wenige Genom-Abschnitte stammen von europäischen Bienen.

Sanfte Völker hatten die besseren Chance

Aber genau diese DNA-Regionen dürften laut der im Fachjournal "Nature Communications" präsentierten Studie für die relative Sanftheit der Tiere verantwortlich sein. Robinson und seine Kollegen gehen davon aus, dass bestimmte äußere Umstände für eine positive Selektion dieser "Sanftheits-Gene" gesorgt haben. Vermutlich haben die Puerto-Ricaner in den letzen 25 Jahren die aggressivsten Bienenvölker systematisch ausgemerzt, was den weniger angriffslustigen Bienen bessere Chancen zur Vermehrung gab.

Dass auf Puerto-Rico das passierte, was man sich ursprünglich in Brasilien erhofft hatte – eine produktive, sanfte und an das Tropenklima angepasste Bienensorte zu züchten – könnte für die Imkerei rund um den Globus von großer Bedeutung sein: Nicht nur, dass aggressive und friedliche Bienen nun genetisch unterscheidbar sind, die neu entstandene Rasse wäre womöglich die robuste Antwort auf das große Bienensterben der vergangenen Jahre. (tberg, 17.11.2017)