Werner Zinkl erteilt der Verschärfung des Strafrechts eine Absage.

APA/HELMUT FOHRINGER

Wien – Transparenz bei Postenbesetzungen und mehr Kostenehrlichkeit bei Gesetzen im Justizbereich mahnt Richter-Präsident Werner Zinkl im APA-Abschiedsinterview ein. Außerdem wünscht er sich vom Justizminister der nächsten Regierung, dass dieser "das Strafrecht nicht immer sofort auf politischen Zuruf ändert". Zinkl muss sich nach drei Amtsperioden an der Spitze der Richtervereinigung verabschieden.

Nach scharfer Kritik der Richter hat der jetzige Minister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) Anfang 2016 versprochen, bei den Postenbesetzungen für Transparenz zu sorgen. Man habe auch gemeinsam einen Entwurf erarbeitet, aber Brandstetter habe sich nicht um dessen Umsetzung bemüht. Dieser sieht laut Zinkl vor, dass es der Justizminister offenlegen und begründen muss, wenn er bei Besetzungen vom Vorschlag des Personalsenats abweicht. Brandstetter habe zugesagt, sich selbst daran zu halten, aber das reiche nicht, ein neuer Minister ist an dieses Versprechen nicht gebunden, fordert Zinkl eine Gesetzesänderung.

Zu wenig Geld für Erwachsenenschutzgesetz

Missfallen haben dem Richter-Präsidenten Gesetzesbeschlüsse ohne ausreichende "Kostenehrlichkeit" – allen voran das neue Erwachsenenschutzgesetz, das Mitte 2018 das Sachwalterrecht ersetzt. "Wenn ein neues Gesetz beschlossen wird, dürfen nicht die tatsächlichen Mehrkosten verschwiegen werden, nur um einen politischen Erfolg einfahren zu können" – indem Verbesserungen vorzugegaukelt werden, zu denen es dann mangels Geld und Personal nicht kommt. Beim Erwachsenenschutzgesetz gebe es nur die Zusage des Finanzministers, dass das Justizressort Rücklagen dafür auflösen darf. "Aber was ist, wenn diese aufgebraucht sind?" Die Kosten – 40 Millionen – seien erheblich, merkte Zinkl an, müsse man doch das Vertretungsnetz mit viel neuem Personal ausbauen.

Gesetzesänderungen auf Zuruf

Außerdem erwartet Zinkl von einem Justizminister, dass dieser "nicht bei jedem Anlass jedem Schrei eines Politikers sofort folgt" und das Strafrecht ändert – um vorzugeben, politisch etwas gegen angeprangerte Missstände zu tun. "Das Strafrecht soll nicht der Boden für die politische Profilierung sein. Dafür ist es zu wichtig, bringt es doch die Werte der Gesellschaft zum Ausdruck." Zinkl hat auch schon der von ÖVP-Chef Sebastian Kurz im Wahlkampf geforderten – und von Brandstetter unterstützen – weiteren Verschärfung des Strafrechts (für Gewaltdelikte) eine Absage erteilt. Und er bleibt dabei: Das Strafrecht sei jetzt auf gutem Stand. Mit der großen StGB-Reform sei es gut nachjustiert worden, die Relationen zwischen den Strafen für Vermögens- und Gewaltdelikte seien jetzt richtig.

Zinkls Nachfolgerin wird die Wiener Bezirksrichterin Sabine Matejka, auf sie lautet der einzige Vorschlag für die Wahl beim Richtertag am Donnerstag. Der Zeitpunkt für den Wechsel ist ein guter, so Zinkl: Das Arbeitsklima mit den ministeriellen Verantwortlichen sei gut, derzeit arbeite man gemeinsam daran, die Auslastungsberechnung für Richter zu adaptieren. Der Personalstand sei derzeit "einigermaßen passend", aber geltende Berechnung zehn Jahre alt – und da habe sich einiges geändert. Nicht nur Gesetze, sondern auch die Art der Verfahren: Die Anfallszahlen sinken zwar, aber die Verfahren seien komplexer geworden – mit den Großverfahren im Wirtschaftsstrafrecht und in Korruptionsfällen.

Interne Ethik-Richtlinie weiterentwickelt

Weiterentwickelt wird auch die interne Ethik-Richtlinie der Richtervereinigung, die Welser Erklärung. Sie stammt aus dem Jahr 2007, als Zinkl Präsident wurde, und gibt den Richtern Leitlinien (wie z.B. Fairness, Äquidistanz, keine Mitgliedschaft bei politischen Parteien) vor. Jetzt wird ein Ethikrat installiert, der einerseits über die Weiterentwicklung der Erklärung nachdenken, und sich andererseits auch mit konkreten Fällen befassen soll. (APA, 18.11.2017)