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Vom brennenden Busch bis zum Exodus: In Washington kann man nun Bibelgeschichte erleben.

Foto: AP / Jacquelyn Martin

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Geschäftsmann Steve Green zwischen Bibelversen im eröffneten Museum. Insgesamt 40.000 Artefakte sammelte er, rund 3000 werden im Moment in Washington ausgestellt.

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Es ist spektakulär, wie Moses das Meer teilt. Ein schluchtenschmaler Gang, links und rechts vermitteln raffinierte Lichteffekte den Eindruck brodelnden Wassers, was dramatische Begleittöne noch untermalen. Ist die Schneise passiert, zeigen sich erste Sonnenstrahlen.

Man steht auf dem Berg Sinai, irgendwann überquert man das Flussbett des Jordan, um schließlich vor zwölf übereinander gestapelten Felsbrocken zu landen, die die zwölf Stämme Israels symbolisieren. Gut eine halbe Stunde dauert er, der Exodus aus Ägypten. Eine Mischung aus Disneyland, Hollywood-Melodram und Hightech-Effekten. Der Clou des Bibelmuseums.

Die Bibel des Elvis

Mit dem 500-Millionen-Dollar-Bau ist Washington um eine Attraktion reicher, um eine gleichermaßen imposante wie umstrittene. Steve Green, ein reicher Geschäftsmann aus Oklahoma, hat an nichts gespart. Den Eingang schmücken 14 Meter hohe Bronzeplatten, darauf die ersten Zeilen der Genesis, so wie Johannes Gutenberg sie einst druckte. Ein halbes Stockwerk gehört einem Dorf in Galiläa, künstliche Olivenbäume inbegriffen, dessen altertümlich gekleidete Bewohner – Laienschauspieler, versteht sich – von einem obskuren Prediger namens Jesus erzählen. All die Showeinlagen ändern nicht, dass Green auf den acht Etagen seines Museums kostbare Raritäten zu bieten hat.

Da wären Fragmente der Gutenberg-Bibel oder eine Bibel aus der Kolonie Plymouth, gegründet von den Pilgervätern, die 1620 auf der Mayflower segelten. Schließlich eine, mit der die Astronauten der Apollo 14 zum Mond flogen. Und das Exemplar Elvis Presleys. Abraham Lincoln, Franklin Roosevelt, Martin Luther King, sie alle haben Bibelverse zitiert, um das Land vor der Spaltung zu bewahren, es aus dem Tal der Weltwirtschaftskrise zu holen oder Bürgerrechte für schwarze Amerikaner zu erkämpfen. Auch das wird anschaulich dokumentiert.

Wörtliche Schöpfungsgeschichte

Allerdings hat Green einmal angeregt, die Heilige Schrift an den Schulen so zu lehren, als wäre sie ein Geschichtsdokument voller erwiesener Fakten. Es klang, als wollte er den Kreationisten nacheifern, die jede Zeile der Schöpfungsgeschichte wörtlich nehmen und eine gewaltige Arche Noah in die Hügel Kentuckys klotzten. Heute klingt der fromme Unternehmer geschliffener, weniger absolut. "Das Museum behauptet nicht, die Bibel sei gut, die Bibel sei wahr. Es präsentiert Fakten und lässt die Leute ihre eigenen Entscheidungen treffen", sagt er. "Es ist nicht unser Job, den Leuten zu sagen, wie die Welt erschaffen wurde."

Greens Vater fing mit einer Bilderrahmenwerkstatt an, er selbst hat Hobby Lobby, eine Ladenkette für Dekoration und Kunstbedarf, zu einem kleinen Imperium ausgebaut. Ein evangelikaler Kaufmann, der kein Hehl aus seinen religiösen Überzeugungen macht. 2014 zog er bis vor den Obersten Gerichtshof, um einen Passus der Gesundheitsreform Barack Obamas anzufechten. Demnach sollten Arbeitgeber für ihre Beschäftigten Krankenversicherungen abschließen, die auch Verhütungsmittel abdeckten. Green klagte und bekam Recht.

Trennung von Staat und Religion

Kurz zuvor hatte er in der Nähe der National Mall, der von marmorweißen Museen und Monumenten gesäumten Prachtallee Washingtons, ein ehemaliges Kühlhaus erworben, heute das Domizil seiner Ausstellung. Die Mall steht für ein Gründungsprinzip der amerikanischen Republik, die Trennung von Staat und Religion. Auch wenn US-Präsidenten auf die Bibel schwören und auf Dollarnoten steht, dass man auf Gott vertraut – an der Mall ist kein Gotteshaus zu sehen. Nur säkulare Bauten. Und nun ein Bibelmuseum, gerade mal zwei Straßenkreuzungen entfernt.

Es liegt an der exponierten Lage, dass Kritiker Zweifel an Greens Motiven äußern. Jacques Berlinerblau, Professor für jüdische Zivilisation an der Georgetown University, stellt die Frage, ob der Mann etwa eine evangelikale Bastion im Sinn habe. Womöglich, um Demonstranten, die auf der Mall gegen Abtreibungsrecht und Ehe zwischen Homosexuellen protestieren, einen moralischen Anker zu geben. Das mit der Lage sei reiner Zufall, wehrt Museumsdirektor Tony Zeiss ab.

Für einigen Wirbel sorgte auch der Sammeleifer des Milliardärs: Green hat alles zusammengetragen, was er in die Hände kriegen konnte: 40.000 Artefakte, von denen rund 3000 ausgestellt sind. Einige waren, offenbar aus dem Irak geschmuggelt, bei dubiosen Antiquitätenhändlern gelandet, von denen er sie geliefert bekam. Die US-Regierung verklagte ihn wegen Schmuggelverdachts, er musste im Juli drei Millionen Dollar Strafe zahlen. "Anfangs haben wir Fehler gemacht", räumt er ein. "Daraus haben wir gelernt, deshalb haben wir unsere Expertise gestärkt."

Grenzen Richtung rechts

Mit der Expertise ist unter anderem David Trobisch gemeint, deutsch-amerikanischer Theologe, der als einer der kompetentesten Spezialisten für biblische Handschriften gilt. Green hat ihn angeheuert, um sein angekratztes Sammlerimage aufzupolieren. Trobisch nimmt nicht nur historische Dokumente unter die Lupe, er weiß auch um die Gratwanderung, die einem Museum blüht, das die religiöse Rechte nur zu gern für ihre Ziele vereinnahmen würde. Er spricht von Grenzen, die es zu ziehen gelte, und erzählt von dem betuchten Gönner, der einmal eine Millionenspende in Aussicht stellte. "Als er fragte, wo im Museum der Raum der Entscheidung sei, in dem Besucher ihr Leben in die Hände von Jesus Christus legen, war die Antwort: Das gibt es hier nicht." Der Scheck ging postwendend zurück. (Frank Herrmann aus Washington, 20.11.2017)