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Jonathan Banks, Jason Clarke und Rob Morgan in "Mudbound".

Foto: Steve Dietl/Netflix via AP

"Wenn ich einen Tolstoi auf dem Kindle lese, ist es dann kein Tolstoi mehr?" Dee Rees, Regisseurin des Südstaatendramas Mudbound, ist die Diskussionen darüber, ob erst eine Kinopremiere einen Film zu großem Kino mache, leid. Debattiert wird deshalb, weil Mudbound seit Freitag (auch in Österreich) bei Netflix im Angebot ist. Seit seiner Premiere in Sundance gilt er als ernst zu nehmender Oscar-Anwärter. Nur um den Auflagen der Academy zu genügen, läuft er in den USA auch in ein paar Kinos.

Großes Kino, aber für die begehrte Statuette auf dem falschen Schirm? In der Auseinandersetzung, die viel von der Verwandlung gewohnter Öffentlichkeiten erzählt, geht es neben dem Geschäft auch um Symbolik. Soll man Netflix, dem die Kinoauswertung egal ist, die Tore in die heiligen Hallen der Academy öffnen? Nicht vergessen sollte man dabei freilich, dass die großen Studios um Filme wie Mudbound immer noch einen Bogen machen.

Netflix Deutschland, Österreich und Schweiz

Dee Rees, 40 Jahre alt, an der NYU ausgebildet, Afroamerikanerin, erzählt nach dem Roman von Hillary Jordan von zwei Nachbarsfamilien im Mississippi der 1940er-Jahre, eine ist weiß, die andere schwarz. Beider Land – wenig gedeihliche, schlammige Erde – bringt mehr Krankheiten als Gewinne hervor. Die Vielstimmigkeit der Perspektiven ist eine der großen Stärken des Films. Er zeigt zwei Seiten der Geschichte und formt zugleich ein Band zwischen zwei Männern, die für Amerika in den Zweiten Weltkrieg zogen. Als sie als Helden zurückkehren, können sie den Rassismus ihrer Heimat nicht mehr ertragen.

Es ist ein selbstbewusster, in kräftigen Farben gemalter und um kein Wort verlegener Film. Man sollte ihn sehen. Egal wo. (Dominik Kamalzadeh, 19.11.2017)