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Eine Revolution des Geldwesens oder doch nur eine gigantische Blase: Die Entwicklung von Bitcoin und Co wird je nach Blickpunkt oft nur in Schwarz oder Weiß gesehen – wie bei frühen Folgen der Fernsehserie "Bezaubernde Jeannie".

Foto: Columbia Pictures/Getty Images

Wien – Nächstes Jahr ist es eine Dekade her, dass das Digitalgeld Bitcoin von einem gewissen Satoshi Nakamoto aus der Taufe gehoben wurde. Bis heute ist zwar nicht eindeutig geklärt, wer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt – dennoch verfestigt sich das Bild, dass seine Schöpfung im Jahr 2017 die Kinderschuhe abstreifen konnte. Schließlich erzielte der einst belächelte Bitcoin neue Kursrekorde – am Freitag wurde nach einer Verachtfachung seit Jahresbeginn erstmals die Marke von 8000 Dollar übersprungen, am Montag hielt der Höhenflug an – und hat nun auch Aufsichtsbehörden auf den Plan gerufen, die dem vorherrschenden Wilden Westen ein regulatorisches Mäntelchen überstülpen wollen.

Pilze aus dem Boden

Tatsächlich ist ein Wildwuchs in diesem Bereich nicht zu leugnen, im Windschatten des Vorreiters sind inzwischen rund 1300 dieser Digitalwährungen aus dem Boden geschossen. Während hauptsächlich Bitcoin in der medialen Auslage steht, haben auch viele andere dieser Kryptocoins heuer massiv an Wert gewonnen, sodass sich deren Gesamtwert heuer auf mehr als 230 Milliarden Dollar oder knapp 200 Milliarden Euro vervielfacht hat. Davon entfallen jedoch mehr als drei Viertel bloß auf die größten drei, Bitcoin, Ethereum und Bitcoin Cash. Die überwiegende Anzahl wesentlich kleinerer Digitalwährungen wird die derzeitige Goldgräberstimmung wohl nicht überstehen.

Generell polarisiert diese Entwicklung: Für manche ist der Wert von digital existierenden Währungen, hinter denen kein Staat oder Wirtschaftsraum steht, kaum zu fassen, während andere in Bitcoin und der dahinterstehenden Blockchain-Technologie den Beginn einer Revolution des Geld- und Finanzsystems sehen. Und manches spricht dafür, dass sie Recht bekommen könnten.

Interpretiert man Vertrauen der Bevölkerung nämlich als wichtigste Deckung einer Währung, so haben Bitcoin und Co im Zuge der Geldflut der Notenbanken von herkömmlichen Währungen offenbar einiges davon abspenstig gemacht. Auch die anhaltende Diskussion um eine mögliche Bargeldabschaffung hat Kryptowährungen Zulauf beschert.

Transaktionen langsam und teuer

Dabei hat in gerade diesem Punkt Bitcoin zuletzt Schwächen gezeigt: Dieses ist zwar als Zahlungsmittel konzipiert, jedoch ist das Netzwerk dahinter so träge geworden, dass Transaktionen länger dauern und höhere Gebühren anfallen – was Bitcoin für geringe Allerweltszahlungen wie eine Tasse Kaffee zunehmend weniger geeignet macht.

Eine Lösung wäre über ein Update technisch machbar, allerdings konnte sich die Bitcoin-Community zuletzt nicht auf einen Weg einigen. Die Folge waren Aufspaltungen, im August wurde auf diese Weise der Ableger Bitcoin Cash geschaffen und Bitcoin-Besitzern zusätzlich gutgeschrieben. Diese Geldvermehrung aus dem Nichts hat zwar weitere Anleger angelockt, offenbart aber auch Parallelen zur derzeitigen Geldflut der Notenbanken.

Viele Befürworter von Kryptowährungen vergleichen die Situation mit dem frühen Internet in den 1990er-Jahren – nach dem Motto: Alles ist möglich. Dieses Bild wirkt jedoch auch anders stimmig, nämlich hinsichtlich des Technologiehypes dieser Zeit, als Start-ups an der Börse zu astronomisch hohen Kursen gehandelt wurden. Die meisten dieser Firmen sind nach einer kollektiven Ernüchterung verschwunden. Das Internet samt Erfolgsgeschichten wie Amazon ist geblieben und hat sich enorm weiterentwickelt.

Kurzfristig wirkt auch die derzeitige Situation von Kryptowährungen ähnlich überhitzt wie damals – es droht zumindest ein gröberer Rücksetzer. Offen bleibt, bei welchem Kurs dieser eintreten wird. Erste Aufschlüsse darüber kann die Öffnung der klassischen Finanzwelt für Kryptowährungen liefern, der US-Börsenbetreiber CME plant, den Handel mit Terminkontrakten auf Bitcoin schon bald zu starten.

Verbieten oder regulieren

Ebenso muss sich erst weisen, ob sich Bitcoin auf lange Sicht durchsetzen wird oder anders gestaltete Mitbewerber, die technisch mehr Möglichkeiten bieten wie Ethereum oder effizienter organisiert wirken wie Dash. Von allein wird das Phänomen Kryptowährungen so bald nicht wieder verschwinden. Staaten können nun den Handel damit untersagen, wie in China bereits geschehen, oder diesen Bereich regulieren, wie es zuletzt auch Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny angeregt hat.

Dies dürfte der bessere Weg sein, zumal Bitcoin und Co auch in Österreich Jobs geschaffen haben. Etwa durch von hier aus betriebene Handelsplattformen oder Firmen, die Kryptowährungen durch Computerrechenleistung schürfen. Dabei ist kritisch anzumerken, dass dieser Vorgang enormer Energiemengen bedarf. Dennoch dürfte sich das Nebeneinander von staatlichem Geld und Kryptowährungen manifestieren. Warum auch nicht, Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. (Alexander Hahn, 20.11.2018)