Relikte aus besseren Zeiten: Ein Alrosa-Mitarbeiter präsentiert Diamanten aus Jakutien, die noch im Jahr 2015 geschürft wurden.

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Der Gewinn beim russischen Diamantenförderer Alrosa ist heuer um die Hälfte eingebrochen. Laut den Neunmonatszahlen erwirtschaftete das Unternehmen 61,9 Milliarden Rubel (880 Millionen Euro), 47 Prozent weniger als in der Vorjahresperiode. Eine Ursache für das schwache Ergebnis ist ein Grubenunglück, das im August die Diamantenmine Mir in der sibirischen Teilrepublik Jakutien (Sacha) flutete. 151 Bergarbeiter wurden mehrere hundert Meter unter Tage von dem Wassereinbruch überrascht. 143 Männer konnten gerettet werden, doch die Suche nach den verbliebenen acht Kumpeln wurde ergebnislos eingestellt, nachdem der Wasserspiegel in der Grube trotz ständigen Abpumpens immer weiter anstieg.

Als Ursache nannte die technische Aufsichtsbehörde später nebulös schwere hydrogeologische Gegebenheiten und Projektentscheidungen. Am Freitag, gut drei Monate nach dem Unglück, entließ der seit März amtierende Konzernchef Sergej Iwanow – gleichnamiger Sohn des Putin-Vertrauten und langjährigen Chefs der Kreml-Verwaltung Sergej Iwanow – den Direktor und den Chefingenieur des Bergbaukombinats Mirninski als Schuldige. Weiteren 22 Managern drohen Disziplinarmaßnahmen.

Mangelhafter Zustand

Der Zustand der Mine wurde allerdings seit längerer Zeit bemängelt. "Alle wussten, dass das früher oder später eintreten wird. Sie wollten bloß kein Geld investieren, als es nötig war; zu verstärken und umzubauen. Natürlich wurde wie immer alles auf den letzten Moment verlegt, und so ist es eben passiert", beklagte der Abgeordnete des Regionalparlaments Gawril Parachin Fahrlässigkeit. In dem Zusammenhang gab es auch Kritik an Iwanow selbst, dem unzureichende Qualifikation für den Posten vorgeworfen wurde – immerhin war der 37-Jährige zuvor nur als Finanzexperte in Staatsbanken tätig. Nach seinem Amtsantritt nahmen mehrere erfahrene Topmanager ihren Abschied.

Finanziell verursachte die Katastrophe nach Konzernangaben einen Verlust von bisher umgerechnet 100 Millionen Euro, der gerade das dritte Quartal schwer belastete. Da Mir allerdings immerhin neun Prozent der Alrosa-Gesamtförderung ausmachte und die Wiederinbetriebnahme der Mine laut Iwanow "einige Jahre" dauern wird, sind die kurzfristigen Aussichten getrübt. 2018 werde das Unternehmen kaum den Förderverlust auffangen können, sagte er. Auf das Verkaufsvolumen wird sich das hingegen kaum auswirken, da Alrosa noch größere Diamantenreserven hat.

Stagnierende Verkäufe

Schon zuvor hatte Alrosa prognostiziert, dass sich das Rekordjahr 2016 so bald nicht wiederholen lasse. Die Verkäufe stagnieren nämlich nicht nur bei Alrosa: Auch Branchenriese De Beers musste einen Rückgang quittieren. Die Erlöse sanken von 5,2 auf 4,8 Milliarden Dollar. Auch wenn es im November einen leichten Aufwärtstrend bei den Verkäufen gab, sind die Profite gering.

Alrosa hofft allerdings trotzdem in den nächsten Jahren auf schwarze Zahlen. Dabei soll eine Fokussierung auf das Kerngeschäft helfen. Alrosa plant den Verkauf von Gaslagerstätten, die dem Unternehmen noch gehören. Die Investmentgesellschaft Finam verweist auf die nützlichen Verbindungen Iwanows zum Kreml bei diesen Geschäften, da auf der Käuferseite mit Rosneft ebenfalls ein Staatsunternehmen mit bester Lobby bereitstehe. Dabei erwägt die russische Regierung, ihren Anteil an Alrosa bis 2019 um vier Prozent auf 29 Prozent zu senken. Daneben gehört der Republik Jakutien ein Viertel der Aktien, weitere acht Prozent munizipalen Einrichtungen, der Rest befindet sich in Streubesitz. (André Ballin aus Moskau, 20.11.2017)