Wien – Bei traditionellen Gesellschaften nehmen Sprache und manche Gene bei ihrer Ausbreitung den selben Weg, fand ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung heraus. Je nach der lokalen Kultur, die bestimmt, ob der Mann nach der Heirat zur Familie der Frau zieht oder umgekehrt, folgt die Sprache gleichsam einem mütterlichen oder väterlichen Erbgang. Die Studie erschien im Fachmagazin "PNAS".

Ein Team um Stephen Lansing vom Santa Fe Institute (USA) untersuchte die Verwandtschaftsverhältnisse und Weitergabe der Sprache bei knapp tausend Menschen in 25 Dörfern auf zwei indonesischen Inseln. Dort gibt es heute noch 17 unterschiedliche Sprachen und traditionelle Gesellschaftsstrukturen.

Matrilokalität und Patrilokalität

Auf der Insel Timor gibt es eine Reihe von Orten, wo frisch gebackene Ehemänner zu den Familien ihrer Frauen ziehen (Matrilokalität). Ihre Kinder lernen daher von Geburt an die im mütterlichen Dorf verwendete Sprache. Sie "erben" sie also genau so wie die Gene in den Mitochondrien, die nur von den Frauen an ihre Nachkommen weitergegeben werden, berichten die Forscher. Zu ihnen gehört auch Stefan Thurner vom Complexity Science Hub Vienna und dem Institut für Wissenschaft komplexer Systeme der Medizinischen Universität Wien.

Auf der Insel Sumba ziehen hingegen die Frauen nach der Heirat zum Klan der Männer (Patrilokalität). Dort folgt die Sprache der väterlichen Erblinie, genau so wie das männliche Y-Chromosom. In beiden Fällen würden die Verwandtschaftsverhältnisse und gesellschaftlichen Regeln die Sprache in Kanälen leiten, die über viele Generationen hinweg intakt sind, erklären die Forscher. (APA, red, 21. 11. 2017)