Das ist so eine Sache mit Jaguar und Land Rover. Ständig präsentieren sie ihre Autos in atemberaubendem Umfeld, sodass man in der Nachbetrachtung die Impressionen kaum zu trennen vermag. Was war imposanter? Auto? Region? Fragen wir beim Velar andersrum: Was ist geblieben von der grandiosen Natur in Fjordistan, von Norwegens Berg- und Fjord-Natur, die Range Rover Ende Juli als Kulisse für den Neuzugang gewählt hatte, und was vom Auto? Anlass für die Frage war der Testwagen, der dieser Tage hereintrudelte, als erstes Fazit sei zu Protokoll gebracht: Fort vom Fjord hat dem Velar null geschadet. Fort von Ford, sei ergänzt, ist Jaguar Land Rover (JLR) ja schon seit 2008 – unter Obhut des indischen Tata-Konzerns blüht und gedeiht der Laden.

Selbst SUV-Verweigerer werden dem Velar gelungenes Design attestieren. Talentiert ist er natürlich auch abseits der Straßen.
Foto: Jaguar Land Rover

Was als Erstes auffällt, sind die coolen Türgriffe. Alle vier fahren aus, drückt man die Zentralverriegelung. Nächtens wirft ein LED-Spot auch noch das Logo auf den Boden, aber das machen andere schon länger. Aber lassen wir die Griffe noch einen Moment in Ruhestellung und das Außendesign auf uns wirken. Ganz klar ein Range Rover, die Linie ist seit dem Evoque unverkennbar und wird inzwischen gern kopiert. Der Velar denkt das Gestaltungsprinzip weiter in die nächste Generation, ästhetisch wertvoll, dieser Mix aus schlanken, fast filigran wirkenden Elementen – vor allem die Leuchtengrafik – und großen, ungestalteten Flächen.

Große Flächen tun sich auch im Heck des Velar auf.
Foto: Jaguar Land Rover

Interessanterweise ist der zwischen Evoque und Range Rover Sport positionierte Velar (4,80 m lang, 2,87 m Radstand), den wir als D300 mit Top-Diesel testeten, fast so groß wie der Sport (4,85 und 2,93). Allerdings ist er schmäler, er duckt sich flacher (Velar: 1,67 m, Sport: 1,78 m), und die Dachlinie fällt leicht ab, sodass er vorwärtsorientierter wirkt, was sich noch mal im Fahreindruck bestätigt. Nachvollziehbar wird an der Velar-Silhouette auch, dass Range Rover raubern gehen will im Segment der Hochbeinkombis: Audi A6 Allroad, Mercedes E All Terrain, Volvo V90 Cross Country. Der Velar hat denen gegenüber den Vorteil, dass er sich dem Thema von oben her, vom Geländewagen, annähert, nicht von unten, vom Kombi. Entsprechend überlegen ist er im Abseits. Die enorme Geländekompetenz jedenfalls kann ihm niemand absprechen.

Schön. Nicht nur das Heck des Velar.
Foto: Jaguar Land Rover

Inzwischen haben wir die 300-PS-Maschine angeworfen und uns über die fast knopferlfreie Innenwelt gefreut und geärgert. Gefreut, weil der Velar mit seinen zwei übereinander angeordneten mittigen Touchscreen-Bedieneinheiten gar so geschmackvoll wirkt. Geärgert, weil das dennoch nicht der Weisheit letzter Schluss ist, dieses Betatschen ist einfach irre ablenkend. Andererseits, wer wird denn bei so viel prachtvoll komfortabler Fortbewegung überhaupt auf die Schirme schauen? Die wesentlichen Daten zeigt das Head-up-Display, und jetzt gleiten wir luftgefedert durch die Lande. Die zwar nicht mit Norwegen vergleichbar sind, aber Österreich ist auch nicht übel. Nur weniger exotisch.

Das Bedienkonzept setzt auf einen Berührungsbildschirm, der Velar ist beinahe völlig knopffrei.
Foto: Jaguar Land Rover

Dass die Limousinenerosion aufgrund des SUV-Booms nun sogar die oberste Riege wie S-Klasse und 7er erreicht, braucht einen angesichts von Autos wie dem Velar nicht zu wundern: Bei Komfort und Noblesse liegen keine Welten mehr dazwischen, und können tun sie einfach mehr. Speziell, wenn man auch noch ein echter Geländewagen ist. (Andreas Stockinger, 20.12.2017)