Wien – Um weibliche Akte salonfähig zu machen, mussten die Meister des Barock oft tief in die Trickkiste greifen: In der Welt der Mythologie fand der flämische Maler Otto van Veen auch die viel Explizites ermöglichende Vorlage für seine Persischen Frauen (1597/1599): Plutarch hatte in Von den Tugenden der Frauen von Perserinnen erzählt, die ihre Männer mit entblößter Scham zurück in die Schlacht trieben. Aus der berechtigten Angst, von den Feinden versklavt und vergewaltigt zu werden, sollen sie diese Feiglinge geschimpft und gerufen haben: "Ihr hofft doch wohl nicht, dorthin zurückzukriechen, woher ihr einst gekrochen kamt?" Von solcher Offenherzigkeit geschockt und gedemütigt zogen die Männer zurück in den Kampf.

Foto: Hannes Böck, Secession

Machtgleichgewicht der Geschlechter, Geste der Ermächtigung? Oder sind "die nackten Kanonen" aus feministischer Sicht doch eher bedenklich, weil Frauen hier wieder auf die "entwaffnende" Gewalt ihrer Körper oder auf die Macht der gebärenden Mutter verweisen? In der Tat ein heute neu lesbares, faszinierendes Gemälde aus dem Kunsthistorischen Museum (KHM).

Ein Fries aus 22 Bildtafeln, angeordnet auf zwei Wänden, die im 45-Grad-Winkel zueinander stehen und an geöffnete Buchseiten denken lassen sollen.
Foto: Hannes Böck, Secession

Dass dies nun, nach mehr als zwei Jahrhunderten, wieder öffentlich ausgestellt ist – und zwar in der Secession -, verdankt sich dem Interesse der US-Künstlerin Rebecca H. Quaytman. Lange Zeit versauerten dieses und ein weiteres Bild (schmusende Amazonen und Skythen) van Veens im Depot. Als KHM-Kuratorin Gerlinde Gruber im Zuge der Rubens-Schau auf die Werke stieß, erfuhr Quaytman über eine gemeinsame Freundin davon und half, die Restaurierung zu finanzieren. Kann man Männer, die so wie Trump funktionieren ("Du kannst ihnen zwischen die Beine greifen"), so in die Flucht schlagen? Quaytman gefiele das.

Foto: Hannes Böck, Secession

Die Künstlerin, die generell interessiert, wie Bilder gelesen werden, greift nun selbst in die Funktionsweise des Bildes ein: Sie übermalt die barocke Vorlage, überzieht sie mit Farbschlieren, Fragmente lässt sie stehen. So entsteht ein Fries aus 22 Bildtafeln. Malerisch sind es durchaus interessante, verschiedene Techniken integrierende Arbeiten, als feministische Bildbefragung aber bleiben sie doch ziemlich diffus und schwer nachvollziehbar.

Wie ein Keil laufen die Wände in der Secession zueinander. Auf der anderen Seite hängt das Original "Die persischen Frauen" von Otto van Veen, um das sich in der Ausstellung alles dreht.
Foto: Hannes Böck, Secession

"Sie übermalt alles, was die Frau mit ihrer Vulva anfangen kann, sie übermalt sie, um sie zur Kenntlichkeit zu bringen", heißt es im bezügereichen Textkunstwerk von Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek zur Ausstellung. Es lässt Quaytmans Analyse furchtbar blass aussehen. (Anne Katrin Feßler, 20.11.2017)