Baustelle Krankenhaus Nord: Mehr als 8.000 Mängel soll der Rechnungshof festgestellt haben.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger: "Ja, es gab Fehlentscheidungen."

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Wien – "Ja, es gab Fehlentscheidungen in der Vergangenheit", gestand am Dienstag Wiens Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) vor Journalisten ein und bezog sich auf den Bau des Krankenhauses Nord. Frauenberger bezog Stellung zu einigen Punkten des Rohberichts des Rechnungshofs, die vorab veröffentlicht wurden. Der Bericht beinhalte noch nicht die Stellungnahme der Stadt, kritisierte Frauenberger. Trotzdem versprach sie "größtmögliche Transparenz" und einen Lernprozess aufgrund der Empfehlungen des Rechnungshofs: "Die Kritik des Rechnungshofs und seine Analysen sind eine Vorgabe für zukünftige Bauten."

Frauenberger erklärte, dass mit ihrem Amtsantritt Ende Jänner, als sie das Ressort Gesundheit und Soziales von Sonja Wehsely übernahm, klar gewesen sei, dass der Rechnungshof den umstrittenen Bau des Krankenhauses prüfe. "Wir wussten schon, dass die Kosten über der Planung liegen und dass der Bau sich verzögern wird", sagte Frauenberger.

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Zudem bestätigte Frauenberger, dass der Rechnungshof kritisierte, dass der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) nicht genügend Know-how in Sachen Bauherrschaft aufgebaut habe. Ein Artikel der "Kronen Zeitung" hatte einige Details des schon lange erwarteten Berichts publik gemacht. So habe etwa die Bauaufsicht mehr als 8.000 Mängel aufgelistet. "Das ist normal in so einem Prozess", sagte der scheidende interimistische KAV-Direktor Thomas Balazs.

Auch seien die Pläne des statisch-konstruktiven Planers, des Architekten und des Planers der Gebäudeausrüstung mangelhaft gewesen. Für Balazs lag der Fehler darin, den Bau ohne Generalplaner durchzuführen: "Es hat sich gezeigt, dass ein Projekt dieser Komplexität so nicht durchsetzbar ist." Dass es nach Bekanntwerden der ersten großen Probleme keinen Baustopp gegeben habe, um weitere Störungen zu verhindern, sorgte ebenfalls für Kritik. Ein Stopp sei "immer wieder evaluiert worden", so Balazs. Im KAV sei man aber zu dem Schluss gekommen, mit dem Bau fortzufahren.

Mindestens 300 Millionen Mehrkosten

Thematisiert wurden auch die Kosten des Baus. So sollen die von der Stadt Wien kalkulierten Kosten von rund einer Milliarde Euro – die ursprünglich beanschlagten 825 Millionen Euro plus Valorisierung – um mindestens 300 Millionen Euro und maximal 400 Millionen Euro gestiegen sein. Der KAV geht weiter von 1,09 Milliarden Euro aus. Im "Best Case" würde der Bau 1,29 Milliarden Euro kosten. Das "Worst-Case-Szenario" liege bei rund 1,4 Milliarden Euro, bestätigte Balazs, der bis vor kurzem für den Bau des Krankenhauses verantwortlich war. Bei beiden Summen würden aber noch Regressforderungen in der Höhe von rund 200 Millionen Euro wegfallen.

Im KAV ist man "guter Hoffnung", dass man das Geld von jenen, die Zeitverzögerungen und Kostenerhöhungen verursacht haben, auch beanstanden könne. "Wir werden intensiv daran arbeiten, dass wir die 1,29 Milliarden Euro einhalten", betonte Balazs.

Kein Datum für Behandlung

Zur Inbetriebnahme Ende 2018 erklärte Frauenberger, sie werde "kein Datum nennen, wann der erste Patient behandelt werden könnte". Herwig Wetzlinger, AKH-Direktor und seit kurzem auch Teil des dreiköpfigen Vorstands, erklärte Mitte November, das Ziel sei es, die Betriebsbereitschaft 2018 zu gewährleisten. "Zeitnah" sollen laut Balazs auch die Patienten übersiedelt werden. Frauenberger rechnet laut eigener Aussage damit, in zwei bis drei Wochen konkretere Angaben zu den Kosten und dem Zeitplan der Eröffnung machen zu können.

Opposition will U-Kommission

Die Opposition sieht sich durch den Bericht bestätigt: "Nun ist belegt, dass Steuergeld im ganz großen Stil verbrannt wurde", erklärte der nicht amtsführende blaue Vizebürgermeister Johann Gudenus: "Lediglich deshalb, weil die zuständigen Stadträtinnen eben keine Krankenhausplaner geschweige denn Bauherren sind." Sobald der finale Bericht vorliegt, will die FPÖ – sie hatte die RH-Prüfung damals verlangt – eine Untersuchungskommission einberufen. Und "sämtliche Verfehlungen, die im Zuge des Großprojekts passiert sind, transparent" machen.

ÖVP-Chef Gernot Blümel kündigte der FPÖ dafür Unterstützung an. Die Kommission müsse die politische Verantwortung umfassend aufklären. Der RH-Rohbericht sei "ein noch nie da gewesener Beleg für völlige Unprofessionalität, unverantwortliche Planlosigkeit und augenscheinliche Überforderung". Den Neos ist es wichtig, die entsprechenden "Planungen des Spitalskonzepts 2030 anzupassen". (Oona Kroisleitner, 21.11.2017)