Wer in den Alpen bauen will, stößt auf viele Hindernisse.

Foto: Studio Optima @ Johann Goder

Salzburg/Wien – Es gibt kaum Gegenden, in denen man einen Wandel so gut beobachten kann wie in den Alpen: Hier, in einer Landschaft, die geprägt ist von schmalen Tälern, seltenen Arten, und kulturell einzigartigen Lebensweisen, haben die letzten 100 Jahre viele Veränderungen gebracht.

Nicht allein der Anstieg der Durchschnittstemperatur um 1,6 Grad – im Unterschied zu globalen 0,8 Grad – zeigen wie sensibel dieser Raum ist. Ein Bericht der Alpenkonvention prognostiziert auch, dass die Niederschlagsmenge in den nächsten 30 Jahren um zehn Prozent abnehmen wird und so längere Trockenperioden im Sommer vorprogrammiert sind.

Generell gesehen, ist die Erwärmung über Landmassen stärker als im globalen Mittel, was sich auf der Nordhemisphäre besonders bemerkbar macht. Da in den Alpen zusätzlich noch Schnee und Eis liegt, kann man hier einen Rückkopplungseffekt beobachten: Je geringer und kürzer es eine Schneedecke gibt, desto mehr kann sich das schneefreie Land erwärmen. Dazu kommt, dass laut der Organisation cipra in den Alpen etwa zehn Prozent mehr Energie verbraucht wird als im europäischen Durchschnitt.

Brennpunkt Naturgefahren

Aber nicht nur klimatechnisch bringt der Alpenraum seine Herausforderungen mit sich: Aufgrund von landschaftlichen Erschwernissen, wie steilen Hängen oder instabilem Untergrund, ist der bewohnbare Platz beschränkt. Das weiß auch Thomas Prinz, Leiter des vom Salzburger Innovationsservice ITG geförderten iSpace Studios für Raumplanung und
-Entwicklung der Research Studios Austria: "Der Dauersiedlungsraum in den Alpen ist begrenzt, und die Nutzungsansprüche für den besiedelbaren Raum deswegen auch ziemlich hoch."

In Kombination mit einem Anstieg von Naturgefahren wie Lawinen, Muren, Steinschlag, oder Hochwasser spitzt sich diese Problematik noch weiter zu: "Die Flächenkonkurrenz ist ja so schon groß, und natürlich ist das ein entsprechendes Thema, wenn man weiß, dass die Gefahren durch den Klimawandel noch zunehmen können", sagt Prinz.

Deshalb gilt es, zusammen mit der lokalen Politik Konzepte und Lösungen für die Zukunft zu erarbeiten. Als Teil des EU-Projekts Astus (Alpine Smart Transport and Urbanism Strategies) arbeitet das Team von Prinz zusammen mit zwölf Projektpartnern aus fünf Ländern in Modellregionen wie dem Pongau, Oberbayern, und den französischen Rhône-Alpen. Im Fokus stehen dabei Mobilität, nachhaltige Energieversorgung und sinnvolle Raumplanung. "Wir entwickeln sogenannte Raumtypologien und schauen, wo es Angebote oder Defizite gibt", sagt der Geograf. Anhand dessen können dann Entwicklungskonzepte für die Siedlungen erarbeitet werden.

Im demografischen Wandel

Betrachtet man die demografische Situation in den Alpen, sieht man, dass auch hier ein Wandel im Gange ist. Thomas Prinz spricht von Segregationsprozessen: "Gewisse Bevölkerungsschichten nehmen ab oder wandern aus, insbesondere besser Ausgebildete." Zusammen mit dem Druck auf Wohn- und Bauflächen verlangen diese Herausforderungen Werkzeuge für eine nachhaltige Raumentwicklung.

Daneben bewertet iSpace auch das Mobilitätsangebot von Regionen, in denen es überdurchschnittlich viele Pendler gibt, sowie Familien, die zwei oder mehr Autos besitzen. Laut dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie werden im peripheren Raum mehr als 56 Prozent der Wege individuell im Auto zurückgelegt – im Vergleich zu rund 25 Prozent in Wien. "Die Abhängigkeit vom Auto ist hier größer, auch weil die Infrastruktur in den letzten Jahren ausgedünnt wurde", sagt Prinz. In kleinen Gemeinden gebe es zum Beispiel oft keine Bank- oder Postfilialen mehr.

Klima- und Mobilitätsfragen wirken dabei wie ein Teufelskreis: Ein demografischer Wandel, der auch durch klimatische Ereignisse bedingt wird, fördert die Motorisierung. Diese wiederum steigert die Emissionen und verstärkt den Klimawandel. Thomas Prinz und seine europäischen Kollegen wollen deshalb die Alpengebiete besser an lokale Bedürfnisse anpassen, jedoch auch klimafreundliche Alternativen erarbeiten. Pilotmaßnahmen in Salzburg sollen dabei so entwickelt werden, dass sie auch anderswo anwendbar sind.

Und obwohl – oder gerade weil – viele Aspekte hier zusammenprallen, bleibt Prinz optimistisch: "Es ist deswegen ja auch besonders spannend, im Alpenraum zu arbeiten!" (Katharina Kropshofer, 27.11.2017)