Für Christa Prets sind tragische Geschichten auch hilfreich. "Weil sich etwas ändern muss."

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Rudolf Hundstorfer sieht in der Ausbildung von Trainern die Verbände gefordert.

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Wien – "Was ich mir jetzt vom Skiverband erwarte?" Darauf hat Christa Prets mehrere Antworten. "Er müsste sich Mentorinnen und Mentoren, Moderatorinnen und Moderatoren holen. Er müsste Seminare für seine Trainer veranstalten, er müsste Verbands- und Vereinsfunktionäre schulen." Prets, die bis 2009 zehn Jahre lang für die SPÖ im Europäischen Parlament saß, ist seit acht Jahren Vorsitzendes des Vereins "100 Prozent Sport". Dieser hatte als sein erstes Ziel "die Förderung der Geschlechtergleichstellung in allen sportlichen Belangen" formuliert, aber bald "Maßnahmen bei sexueller Belästigung im Sport" in seine Agenda aufgenommen.

Kaum Hilfe

"100 Prozent Sport" geht auf eine Initiative des Sportministeriums zurück, wird von diesem gefördert. Noch-Minister Hans Peter Doskozil (SPÖ) nennt den Verein eine "Ansprech- und Beratungsstelle im Fall des Verdachts" von Missbrauchsfällen. "100 Prozent Sport" veranstaltet Schulungen und Workshops, hat eine Broschüre und einen Folder zum Umgang mit sexualisierter Gewalt publiziert, kooperiert mit vielen spezialisierten Einrichtungen.

ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel hatte nach Nicola Werdeniggs Outing Petra Kronberger ins Treffen geführt. Die Doppelolympiasiegerin 1992 ist seit zwei Jahren "ÖSV-Konsulentin für Damensport". Kronberger bezeichnete Werdeniggs Schritt an die Öffentlichkeit als mutig und wichtig, sie hofft, dass mögliche aktuell betroffene Sportlerinnen sich direkt an sie wenden. Prets: "Bei aller Wertschätzung – das kann Petra Kronberger allein nicht bewältigen. Da ist eine Person entschieden zu wenig. Der ÖSV muss sich Hilfe von außen holen."

Prets glaubt, dass neben Sportlerinnen "natürlich auch Sportler betroffen sind". Und es überrascht sie nicht, dass im #MeToo-Zuge viele anonym bleiben wollen. "Scham oder Rücksicht auf die Familie sind nur zwei mögliche Gründe dafür." So oder so appelliert sie "an alle, die betroffen sind, sich zu melden". Geschichten wie jene Werdeniggs seien "tragisch, aber auch hilfreich – weil sich etwas ändern muss".

Hundstorfer: Bei Trainern ansetzen

Ex-Minister Rudolf Hundstorfer, seit einem Jahr Präsident der Bundessportorganisation (BSO), rät Sportverbänden, von angehenden Trainern und Trainerinnen speziell im Nachwuchsbereich "verpflichtend" einen Strafregisterauszug, ein Leumundszeugnis und die Unterschrift unter einen Ehrenkodex zu verlangen. "Die BSO wird da Druck machen." Eine Kommission zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen im Sport hält Hundstorfer derzeit nicht für nötig. "Wir haben keine Namen, kaum Daten" , sagt er. "Bei den missbrauchten Heimkindern in Wien gab es vergleichsweise sehr konkrete Vorwürfe und ein anderes Mengenvolumen."

Von 60 Sportfachverbänden in Österreich haben 57 einen Präsidenten, nur drei eine Präsidentin. 95 hauptamtlichen Trainern stehen fünf hauptamtliche Trainerinnen gegenüber. Der ÖSV, sagt Christa Prets, gehe da mit schlechtem Beispiel voran. "Den Vorwurf muss er sich gefallen lassen." (Fritz Neumann, 22.11.2017)