24 Betonstelen pflastern seit Mittwochfrüh einen Garten im thüringischen Bornhagen – eine exakte Nachbildung des Berliner Holocaust-Mahnmals. "Investiere in Beton" für ein "Höcke-Denkmal der Schande", rief das deutsche Künstlerkollektiv "Zentrum für politische Schönheit" (ZPS) auf und sammelte so bereits rund 39.000 Euro für das Projekt "Deine Stele".

Das Crowdfunding-Geld finanziert den Baustoff und bis 2019 auch die Miete für Höckes Nachbarhaus samt Garten in dem kleinen Dorf an der Grenze Thüringens zu Hessen.

Der Nachbau des Holocaust-Mahnmals in Bornhagen. Rechts hinten steht das Haus von AfD-Politiker Björn Höcke.
Foto: zps

Höcke, Landes- und Fraktionsvorsitzender der AfD Thüringen, hatte Anfang des Jahres in Dresden bei einer Rede zur deutschen Vergangenheitsbewältigung erklärt: "Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat." Die Passage hatte für Empörung gesorgt und das ZPS zu seiner Aktion veranlasst.

"Der beste Weg zur Bekehrung"

"Für uns hat die AfD damit eine rote Linie überschritten", erklärten die Aktivisten. Ein 450-Quadratmeter-Denkmal, auf das Höcke von seinem Fenster aus blicken müsse, ist für den ZPS-Aktivisten Johann A.* der beste Weg zur Bekehrung.

Für den Bau haben sich Freiwillige des ZPS regulär eingemietet. Einer davon ist der Österreicher Peter L.*, der seit einiger Zeit die Aktionen des ZPS verfolgt und seine Hilfe angeboten hatte. Von der Stelen-Aktion habe er bis zu seiner Ankunft auf dem Nachbargrundstück nichts gewusst, allerdings sei seine Freude groß, denn erst am Vortag habe er sich über eine Aussage Höckes geärgert.

Unter Planen errichteten die Aktivisten das Mahnmal.
Foto: Peter L.

Mit einem Akkubohrer hatten L. und rund 20 weitere Freiwillige das Gerüst für die Betonklötze in der Nacht auf Mittwoch unter Sichtschutzplanes zusammengeschraubt. "Die Nachbarn müssen sich gewundert haben, zumal wir ihnen von einer Verlobungsfeier erzählt und den ganzen Garten umgegraben haben", sagt L.

Er erzählt aber auch von der Angst vor dem "Thüringer Heimatschutz", einer neonazistischen Vereinigung, die in der Region aktiv ist und mit dem NSU in Verbindung gestanden sein soll. In der Nacht habe er durch die beleuchteten Fenster in Höckes Haus mehrere Gestalten ausmachen können, die das Geschehen auf dem Nachbargrundstück seiner Meinung nach nicht ignoriert haben können.

Kniefall als Läuterung gefordert

Einige Aktivisten bewohnen das Haus schon seit Monaten und wollen den AfD-Politiker mit Beobachtungen über den Gartenzaun in Verlegenheit bringen: "Heute machen wir Björn ein Angebot: Wenn er wie einst Willy Brandt vor dem Denkmal auf die Knie fällt und für die deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg aufrichtig um Vergebung bittet, machen wir es wie andere Geheimdienste – und schreddern sämtliche Unterlagen."

Das Denkmal soll auch nach dem Kniefall bestehen bleiben und neben einer Burgruine die zweite Attraktion des 270-Einwohner-Dorfs werden.

Livestream vom Haus

Bis auf einen entsetzten Gesichtsausdruck, den die Freiwilligen durch ein Fenster gesehen haben wollen, ist noch keine Reaktion Höckes bekannt. Auch eine Anfrage des STANDARD blieb vorerst unbeantwortet.

Allerdings meldete sich AfD-Sprecher Stefan Möller per Facebook-Video zu Wort. Die AfD sei vieles gewohnt, und gegen das meiste wisse sie vorzugehen, heißt es darin. "Aber gegen das, was in Bornhagen geschieht, kann man nichts machen. In Bornhagen wird eine Schwelle überschritten. In Bornhagen wird eine ganze Familie gestalkt." Möller nennt die Aktivisten Täter – "Das sind keine Künstler" – und ruft die politischen Kräfte in Thüringen auf, rechtsstaatlich zu handeln.

Zentrum für Politische Schönheit

Rechtliche Konsequenzen

Ein Livestream, in dem das Denkmal und das Haus zu sehen waren, wurde von Youtube mittlerweile gelöscht. Rechtliche Konsequenzen seien für das ZPS zwar ein Risiko, aber keine Hürde, meint Johann S.

Das ZPS ist für mehrere Aktionen im rechtlichen Graubereich bekannt, so entwendete es 2014 die Gedenkkreuze der Berliner Maueropfer und wollte sie an der europäischen Außengrenze wieder aufstellen. Ein Verfahren dazu wurde im April 2015 allerdings eingestellt. (Maria von Usslar, 22.11.2017)