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Emmerson Mnangagwa ist an seinem Ziel angelangt.

Foto: Foto: Reuters/Bulawayo

Harare/Johannesburg – Emmerson Mnangagwa ist wieder da. Einen Tag nach dem Rücktritt des simbabwischen Langzeitpräsidenten Robert Mugabe ist dessen einst engster Vertrauter Emmerson Mnangagwa am Mittwochnachmittag auf dem Militärflughafen der Hauptstadt Harare gelandet: Dort wurde der Drahtzieher des Militärputschs gegen Mugabe von jubelnden Menschenmengen empfangen. "Unser Held, unsere Hoffnung!", stand auf Plakaten.

Mnangagwa stellte demokratische Reformen in Aussicht. Man sei am Beginn einer "neuen Demokratie", sagte er am Mittwoch vor Tausenden Anhängern in der Hauptstadt Harare. "Das Volk hat gesprochen. Die Stimme des Volkes ist die Stimme Gottes." Zugleich versprach er, für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze zu sorgen. Dafür sei man auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft angewiesen.

Es ist der erste öffentliche Auftritt des "Krokodil" genannten Politikers seit seiner Absetzung als Vizepräsident Anfang des Monats. Während der jüngsten dramatischen Ereignisse hielt sich Mnangagwa in Südafrika auf – und steuerte diese von dort aus mit. Am Freitag soll der 75-Jährige nun als Nachfolger Mugabes vereidigt werden: Dann ist das Krokodil am Ziel angelangt.

Zuvor muss allerdings noch das Problem gelöst werden, dass eigentlich Mugabes Stellvertreter Phelekezela Mphoko derzeit Staatschef ist. Der gehört jedoch der falschen Fraktion der Regierungspartei Zanu-PF um die inzwischen isolierte Mugabe-Gattin "Gucci-Grace" an und hält sich praktischerweise gerade im fernen Japan auf. Nun muss eben die Verfassung ein wenig zurechtgebogen werden, um das Krokodil auf die Schnelle auf den Thron hieven zu können – nicht eben ein vertrauenerweckender Start ins "neue Simbabwe"

Offene Zukunft

Was Mnangagwa nach seiner chirurgisch präzisen Operation jetzt eigentlich vorhat, ist die große Frage: Wird der Ziehsohn Mugabes die Alleinherrschaft der gesäuberten Regierungspartei wiederherstellen oder den Raum für eine wirkliche Mehrparteiendemokratie öffnen? Und wie geht er mit dem Militär um?

Simbabwe sei eigentlich ein Militärstaat, meint Pierre Pigou vom Thinktank International Crisis Group: Jede wichtige Regierungsentscheidung wurde von den Offizieren abgezeichnet. Mnangagwa ist ein lebenslanger Freund der Militärs. "Seine Vergangenheit klebt ihm wie ein Kaugummi am Schuh", sagt Pigou.

Dass der neue Präsident eine Übergangsregierung anbietet, wagt die Opposition weder zu hoffen, noch wäre es ihr überhaupt lieb. Morgan Tsvangirai, Chef der größten Oppositionspartei MDC, ist von einer Krebserkrankung gesundheitlich angeschlagen. Seine Partei kann laut Umfragen höchstens mit 20 Prozent der Stimmen rechnen. Tsvangirai musste schon einmal miterleben, wie seine Partei in einer erzwungenen Koalition mit der Zanu-PF aufgerieben wurde: Als Mugabes Premier verlor der MDC-Chef viele Anhänger.

Poker um Wahltermin

Schon jetzt wird in Simbabwe debattiert, wann und unter welchen Umständen die nächsten Wahlen stattfinden. Sie sind eigentlich für 2018 angesetzt: Doch Mnangagwa wird ein Interesse an der Verschiebung des Urnengangs um zwei Jahre nachgesagt. Offenbar meint der neue Präsident mindestens drei Jahre zu brauchen, um sowohl Simbabwe als auch seine Partei wieder so weit zu stabilisieren, dass er an den Wahlurnen eine Chance hat. Mit der bloßen Ausrichtung eines Urnengangs ist es allerdings nicht getan: Schließlich hat Mugabe schon zahlreiche Abstimmungen unter Einsatz seiner Schlägertruppen und Wahlmanipulatoren gewonnen. Aktivisten fordern deshalb, dass erst einmal eine unabhängige Wahlkommission eingesetzt und Chancengleichheit beim Wahlkampf hergestellt wird: Zu solchen Details hat sich das Krokodil bisher natürlich noch nicht geäußert.

Das westliche Ausland sieht sich nach dessen Krönung vor einem Dilemma: Unterstützt es Simbabwe, unterstützt es Mnangagwa – hält es sich heraus, treibt es die ehemalige Kornkammer Afrikas noch weiter in die Arme Chinas. Peking wusste als einzige ausländische Regierung schon im Voraus vom Putsch in Simbabwe: Armeechef Constantine Chiwenga hatte den wichtigsten Partner ins Vertrauen gezogen. Kein Zweifel, dass sich Mnangagwa, der einst in China militärisch ausgebildet wurde, eng an die Freunde aus dem Reich der Mitte halten wird. Die nehmen es mit der Demokratie auch nicht so genau. (Johannes Dieterich, 22.11.2017)