Eist kaum verwunderlich, dass bei dem uralten Geldbetrugsgewerbe eine Frau ganz vorn mitspielte. Adele Spitzeder, eine Münchnerin, die im 19. Jahrhundert im süddeutschen Raum ihr Unwesen trieb, war ebenso erfolgreich wie etwa ein Herr Charles Ponzi, der ein paar Jahrzehnte später so erfolgreich mit dieser Masche arbeitete, dass sie seinen Namen bekam: Ponzi-Schema. Es ist dies eine Art Schneeballsystem, bei dem die alten Kunden mit dem Geld der neuen Kunden befriedigt werden. Solange frisches Geld ins System fließt, ist alles paletti. Nur wenn die Einleger misstrauisch werden und ihr Geld zurückwollen, wird es zappenduster.

So geschehen mit Adele Spitzeder (1832- 1895), deren schillerndes Leben nun in einem Buch detailreich beleuchtet wird. Adele war Schauspielerin, die eher zufällig und deshalb, weil sie verschuldet war, in München eine Art Privatbank gründete. Weil sie hohe Zinsen versprach und mit den einfachen Leuten gut konnte, hatte sie binnen kurzer Zeit die Ersparnisse von 30.000 Menschen. Endlich hatte sie genügend Mittel für den Lebensstil, den sie sich vorstellte: Sie lebte mit Lebensgefährtin und einigen Hunden auf großem Fuß. Bald hatte sie so viel Geld, dass sie es in Säcken aufbewahrte. Für den seriösen Anstrich bezeichnete sie ihre Aktivitäten als "Dachauer Bank", später "Spitzeder'sche Privatbank", die zeitweise bis zu 40 Mitarbeiter beschäftigte. Trotzdem gab es keine Aufzeichnungen. 1872 platzte die Blase. Die Polizei wurde aufmerksam, Kunden stürmten die "Bank" und wollten panisch ihr Geld zurück. Es war die Gier, die die Menschen in das verlockende Angebot trieb. Es gab auch keinerlei Regulative, womit dies in den "größten Bankenbetrug aller Zeiten" mündete. Ob es der größte war, bleibt dahingestellt. Jedenfalls haben damals mehr als die Hälfte der Dienstboten ihr Erspartes verloren; die Selbstmordrate stieg. (Johanna Ruzicka, 23.11.2017)

Julian Nebel, "Adele Spitzeder – Der größte Bankenbetrug aller Zeiten". € 18,50 / 161 Seiten. Finanzbuchverlag, 2017
Foto: FBV