Wenn am selben Dienstag in den Salzburger Nachrichten und in der Presse "Fünf Gründe" angeführt werden, warum "Österreich kein deutsches Scheitern" droht, dann muss es stimmen. Die Farben Jamaikas sind schließlich nicht Türkis-Blau. Aber man kann nicht alles haben. Während Kurz und Strache einander seit vier Wochen verzückt in den Armen liegen, verdünnisieren sich die grundstürzenden Heimatreparaturpläne, mit denen sie angetreten sind, im rauen Klima des heimischen Sozialpartnerföderalismus.

Und auch das absolutistische "Le parti, c'est moi" des hausgemachten Erlösers verblasst allmählich in der innerparteilichen Realität. Da warnt immerhin ein Erwin Pröll – nicht als Einziger – zur Vorsicht beim Rühren an Sozialpartnerschaft und repräsentativer Demokratie, da verweigern Länderparteien die Umfärbung von Schwarz auf Türkis, Vorarlbergs Landeshauptmann, nicht nur er, wehrt sich gegen die Sozialversicherungspläne der Koalitionäre in spe, und ein Christian Konrad weiß schon in diesem Stadium der Weltverbesserung: "Das wird nicht meine Wunschregierung." Ein Cluster soll kreißen, mehr als ein Mäuschen kündigt sich noch nicht an. Nur wo es um weniger Geld für Wehrlose geht, markieren sie den Tiger.

Und da ist die heißeste aller Fragen, die nach der Besetzung der Regierungsposten, noch gar nicht angesprochen. Vor allem da muss Strache vor seinen Burschenschaften seine Durchsetzungskraft auf der Basis einer, wie er urgiert, gleich starken Partnerschaft beweisen. Dabei hat er nicht nur einen künftigen Bundeskanzler gegen sich, der sich schon aus außenpolitischen Gründen bemühen muss, den Cordon sanitaire innerhalb seiner Koalition möglichst eng zu ziehen. Verlässlicher darin ist der Bundespräsident, der schon einige blaue Versuchsballons platzen und an seiner Absicht, rechtsextreme Zumutungen als Regierungsmitglieder zu verhindern, keinen Zweifel offenließ.

In dieser Situation ist diese Woche die Kronen Zeitung Strache hilfreich zur Seite gesprungen, indem sie sich mit ihrer Berichterstattung auf jenes diplomatische Parkett begab, auf dem man sich gern etwas zuspielen lässt, um es ohne Rücksicht auf die Seriosität der Quelle hochzuspielen, wenn es der Blattlinie dient. Und wen die hofiert, daran besteht auch nach wohlwollender Lektüre kein Zweifel. Dass sie die diplomatische Sudelei veröffentlicht und sich erst danach selber fragt, "welche Motive dahinterstecken – und wie es dazu kommen konnte", ist nicht nur charakteristisch für die journalistische Arbeitsweise, sondern auch für die dahintersteckenden Absichten.

Vorher hätte man sich fragen können: Warum geht ein Diplomat welchen Landes mit einem solchen Aide-Mémoire ausgerechnet zur Krone, welche Motive treiben ihn an, und wer könnte ihn zu einer so absolut undiplomatischen Handlung angestiftet haben? Wem geschadet werden sollte, liegt ebenso auf der Hand wie sich die Frage nach dem Cui bono von selbst beantwortet. Es sollte jenen nutzen, die in dieser Situation einen schwachen Bundespräsidenten wollen. Dass Sebastian Kurz nicht raucht und kaum trinkt, unterscheidet ihn von Strache, wird die Welt aber kaltlassen. (Günter Traxler, 23.11.2017)