Wien – 2016, nach David Bowies Tod, habe sie die Fotos nicht "herausgerückt", so Christine de Grancy. "In irgendeinem Boulevard" wollte sie die Aufnahmen, die sie 1994 bei Bowies Besuch der Gugginger Künstler gemacht hatte und von denen jetzt eine Auswahl in der Galerie Crone in Wien zu sehen ist, nicht veröffentlicht wissen. "Es ist ja auch delikat."

Schließlich sei die Welt, die man dort betrete, ja eine von Patienten, eine Nervenheilanstalt. Und Ort einer dunklen Geschichte: jener des Gugginger Euthanasiearztes Emil Gelny und der vielen Hundert Patienten, die ins Gas geschickt wurden. Auf der anderen Seite gab es dort so einen "stillen, ruhigen Mann wie Leo Navratil", der sie angeregt hat, sich künstlerisch zu betätigen.

David Bowie mit Oswald Tschirtner
Foto: Christine de Grancy

Achtsam mit den Menschen umzugehen, das ist für de Grancy das Wichtigste im Leben. Auch die Fotografien, die an jenem Septembernachmittag entstehen, drei bis vier Filme verschießt sie, macht sie "so zurückgenommen wie möglich". Die respektvolle Distanz merkt man ihnen an.

Respektvoll, achtsam, ruhig, beobachtend, so zeigt sie ebenso ihr Gegenüber David Bowie. Als Zuhörer mit dem Kopf aufgestützt, mit seinem Freund Brian Eno rauchend und lachend im Gras sitzend oder sachte den Arm um Oswald Tschirtner legend. Unscharfe Aufnahmen, die sie früher aussortiert hätte, zeigen für sie auch andere Gesichter.

Bisweilen ist Bowies Blick durchdringend: Der Musiker zeichnet, fokussiert die Künstler – neben Tschirtner und August Walla etwa auch Johann Fischer und Johann Garber, von denen Bowie später Werke erwerben wird – am Kaffeetisch mit dem Block in der Hand. "Er seziert fast mit seinem Blick", so die Fotografin.

Gute 23 Jahre später sind die Fotos in der Galerie nicht etwa straßenseitig präsentiert, wo man schon im Vorbeigehen Blicke erhaschen könnte, sondern in rückwärtsgewandten Räumen. Schon bei der Eröffnung wurde die Galerie regelrecht überrannt. Der Facebook-Ankündigung folgten Anfragen von englischen Bowie-Fanclubs. Das enorme Interesse freut de Grancy, aber dennoch gefalle ihr die kleine "Kammer" sehr gut als Rahmen für dieses stille Thema. Wenn man weiß, dass Bowies Halbbruder, der später Selbstmord beging, an Schizophrenie erkrankt war, schwingt auch das in den Aufnahmen mit.

Laut war Bowie nur auf der Bühne. Johann Feilacher, heute Leiter des Hauses der Künstler in Gugging, erlebte den Musiker damals als extrem ruhig und zurückhaltend. André Heller habe den Besuch vermittelt. Und dort, wo Heller war, war stets auch ein Fotograf. Als Bowie im Jahr drauf wieder in Gugging war, kam er allein. "Bowie interessierte alles, was grenzgängerisch war", so Feilacher. Im Jahr darauf erschien sein Album Outside, das menschliche Existenz außerhalb der Norm zum Thema machte.

"Ich beschäftige mich mit Dingen, die die Gesellschaft verdrängt hat", so Bowie 1995. "Daraus mutiere ich neue Monster." (Anne Katrin Feßler, 26.11.2017)

Bis 17. 2.

Galerie Crone Wien

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Foto: Christine de Grancy
Foto: Christine de Grancy
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