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Jon Hendricks bei sich zu Hause in Toledo, Ohio auf einem Archivfoto aus dem Jahr 2004.

Foto: AP / TONY DEJAK

New York – Der einflussreiche amerikanische Jazzsänger und Komponist Jon Hendricks ist am Mittwoch in New York im Alter von 96 Jahren verstorben, wie seine Tochter Michele auf Facebook mitteilte. Hendricks war Vorreiter des "Vocalese", ein Stil, bei dem Instrumentalsolos vertextet und von der Stimme nachgebildet werden. In den 1950er-Jahren erlangte er mit dem Trio Lambert, Hendricks & Ross Bekanntheit.

Al Jarreau hat ihn bewundert, Bobby McFerrin war sein Schüler: Hendricks gilt als eine der ersten wichtigen Stimmen des Jazzgesangs. Der Spezialist für Hochgeschwindigkeits-Vokalakrobatik schrieb geistreiche Liedtexte für instrumentale Jazznummern und wurde in den 1950er-Jahren gemeinsam mit Dave Lambert und Annie Ross für das Sensations-Debüt "Sing A Song Of Basie" (1957) bekannt. Nur von einer Rhythmusgruppe begleitet, nahm das Trio Lambert, Hendricks & Ross Nummern des Count Basie Orchestra auf und vervielfachte seine Stimmen mittels der Overdub-Technik.

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Die Karriere des am 16. September 1921 in Newark (New Jersey) geborene Pastorensohns hatte in Toledo (Ohio) begonnen, wo Hendricks aufwuchs und Spirituals in der Kirche sang. Im Alter von elf Jahren trat das Ausnahmetalent bereits mit dem Pianisten Art Tatum im Radio auf. Hendricks diente während des Zweiten Weltkriegs in der Armee und nahm an der Landung in der Normandie am 12. Juni 1944 teil.

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Nach seiner Rückkehr begann er sein musikalisches Abenteuer in New York. Mitte der 1960er-Jahr startete Hendricks seine Solo-Karriere und übt eine Reihe von unterschiedlichen Berufen aus, während er in der ganzen Welt auftrat: Er arbeitete für das Fernsehen, als Kritiker für den "San Francisco Chronicle" und als Lehrbeauftragter an der Universität von Toledo.

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Hendricks heiserer Tenor hatte nicht das schmeichelnde Timbre eines Frank Sinatra, er glänzte mit seinem ausgeprägten Sinn für Rhythmik und inspirierte mehrere Generationen von Jazzsängern, von Mark Murphy über Dianne Reeves bis Tim Hauser. Sein stimmlicher Wettkampf mit Kurt Elling, einer Größe des zeitgenössischen Jazzgesangs, beim gemeinsamen "Goin' back to Chicago" in der legendären Green Mill Bar ist auf dem Elling-Album "Live in Chicago" (2000) verewigt. Der Vokalartist trat mehrmals in Österreich auf, unter anderem beim Salzburger Jazzherbst, im Wiener Konzerthaus oder dem Jazz Fest in Wien. (APA, 24.11.2017)