Ahmad Hariri und Hannes Jaenicke in der Dokumentation "Guardians of the Heritage".

Foto: History

Wien – Hannes Jaenicke verkörpert all das, was ihn in den Augen seiner Gegner zu einem "Gutmenschen" macht: Er engagiert sich für Flüchtlinge, Tier- und Umweltschutz, gegen Rechtsextremismus und die Pegida. Und er erhebt seine Stimme, um darüber zu sprechen: "Für mich bedeutet Leitkultur zuerst einmal Hilfsbereitschaft, und das haben diese Politiker leider alle vergessen", sagt Jaenicke und nennt Heinz-Christian Strache, Sebastian Kurz und Horst Seehofer beim Namen.

Hauptsächlich ist Jaenicke aber Schauspieler und als solcher gut gebucht – aktuell führt er durch die dreiteilige Dokureihe Guardians of Heritage – Hüter der Geschichte, die ab Sonntag, 26. November, um 21.50 Uhr im Abosender History zu sehen ist. In der Produktion von Emanuel Rotstein geht es um Angriffe auf Kulturstätten und darum, was der Verlust von Heimat für die Identität bedeutet. Gedreht wurde unter anderem in Jordanien, Kanada, Israel, Bosnien, Kambodscha und Spanien.

Plädoyer gegen grassierende "Geschichtsamnesie"

"Ich fand die Idee großartig", sagt Jaenicke zum STANDARD: "Als Deutsche haben wir erlebt, was es bedeutet, Kulturstätten zu zerstören." Die Filme seien gewissermaßen ein Plädoyer gegen grassierende "Geschichtsamnesie", denn: "Man wundert sich, dass Menschen so wenig oder gar nichts aus der Geschichte lernen."

Für den ersten Teil ist Jaenicke nach Jordanien ins Flüchtlingscamp Zaatari gefahren, wo mehr als 80.000 syrische Flüchtlinge leben. Was er dort erlebt hat? "Man arrangiert sich halt und das mit einer unglaublichen Würde." Das Camp sei "erstaunlich gut organisiert". Eine Art Kleinstadt mit Läden, in denen es etwa auch Hochzeitskleider zu kaufen gibt.

Rückkehr in weiter Ferne

Nach sechs Jahren syrischem Bürgerkrieg regiert dort – wenig überraschend – Pessimismus: "Ein Mann sagte, angesprochen auf seine acht- und zehnjährigen Töchter, dass diese Mädchen irgendwann als Erwachsene zurückkehren werden." Viele Kinder wurden im Lager geboren, Syrien kennen sie nur aus Erzählungen. Um ihre kulturelle Identität zu retten, formieren sich in Zaatari Künstlerinitiativen. Mit Materialien wie Müllresten bauen Flüchtlinge zerstörte Kulturstätten nach: "So entsteht Palmyra im Miniaturformat."

Die meisten blieben in dem Lager, weil ihnen die Mittel oder Möglichkeiten fehlen, nach Europa oder in die USA zu flüchten. "Es ist unsere Pflicht, solchen Menschen in Not zu helfen", sagt Jaenicke. Ändern müssten sich neben der restriktiven Flüchtlingspolitik vieler Staaten auch Medien, da sie Parteien wie der AfD oder der FPÖ zu oft eine Plattform böten: "Es braucht eine kritische Auseinandersetzung, aber die Medien sind ja auch Huren." Sie würden machen, was Quote bringt. Jaenickes Motto: "Fernsehen macht Kluge klüger und Dumme dümmer." Und: "Das ist ein Projekt, das vielleicht sogar den einen oder anderen Dummen erwischt." (Oliver Mark, 26.11.2017)