Eine Erklärung für den Aufwärtstrend der US-Börsen könnten ein ausgedünntes Regelwerk der Vorschriften und die Erwartung niedriger Unternehmenssteuern sein.

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Noch schmeckt den US-Anlegern der Burger.

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Seit Donald Trump am 8. November 2016 zum Präsidenten gewählt wurde, sind die Aktienkurse an der Wall Street gestiegen und gestiegen. Ein Rekord nach dem anderen wurde gebrochen, und wann immer Skeptiker ein baldiges Ende des Höhenflugs prophezeiten, wurden sie prompt eines Besseren belehrt. Lag der Dow Jones am Tag nach der Wahl noch bei 18.589 Punkten, war er zwölf Monate später auf über 23.400 geklettert. Es geht so weit, dass manche vom Trump-Boom sprechen.

Die politische Unsicherheit, die wohl mit einem Kabinett Trump einhergehe, werde die Marktteilnehmer an den Rand des Wahnsinns treiben, hatte Mark Zandi, Chefökonom von Moody's Analytics, einem Ableger der Ratingagentur Moody's, kurz nach dem Votum orakelt.

Nun, mit der Prognose lag er daneben, wie andere Auguren auch. Ginge es nach dem Mann im Oval Office, bräuchte man nach den Gründen der Hausse nicht lange zu suchen. "Dass unser Aktienmarkt so erfolgreich ist, liegt an mir", schrieb der Narziss in der ersten Novemberwoche auf Twitter.

Mit einem Trump-Effekt, sekundiert Jeremy Siegel, Professor an der University of Pennsylvania, habe das Kursfeuerwerk durchaus zu tun. Aber nur zum Teil, der Rest gehe auf Faktoren zurück, auf die das Weiße Haus keinen oder kaum Einfluss habe. Auf ein Wachstum in der Eurozone, in China und Japan, das über den Erwartungen lag.

Auf nach wie vor niedrige Zinsen, die Anlegern Aktien den Vorzug vor Geldanlagen geben ließen. Schließlich auf einen US-Dollar, der – obwohl noch immer hoch bewertet – zuletzt schwächer wurde, was US-Exporte beflügelte.

Erklärung für den Aufwärtstrend

Aus US-Sicht waren es laut Siegel zwei Faktoren, die den Aufwärtstrend erklären. Zum einen machte sich ein unternehmerfreundliches Kabinett daran, das Regelwerk der Vorschriften auszudünnen. Zum anderen schürte es die Erwartung, dass niedrigere Unternehmenssteuern die Gewinne nach oben schnellen lassen.

Nach dem Steuerplan, den das Weiße Haus und der republikanisch dominierte Kongress skizzierten, soll der Spitzensatz der "Corporate Tax" von 35 auf 20 Prozent sinken. Und obwohl es die großen Konzerne seit langem verstehen, ihre Steuern aggressiv zu optimieren: Die Aussicht auf niedrigere Sätze sorgte an den Börsen für Euphorie, die für eine Weile vergessen ließ, was sich mit Trumps erratischer Politik an Schattenseiten verbinden kann.

Zumal der Populist, der im Wahlkampf mit protektionistischen Parolen Industriearbeiter für sich einzunehmen wusste, in der Praxis weitgehend auf protektionistische Schritte verzichtete, zumindest bislang. Weder kündigte er die Nafta-Freihandelszone mit Kanada und Mexiko, noch zettelte er einen Handelskrieg gegen China an.

Außerdem habe Trump, so sieht es Charles Himmelberg, Analyst bei Goldman Sachs, in seinen ersten Amtsmonaten schlicht Glück gehabt. "Es war Zufall, dass die Märkte die tatsächliche Stärke makroökonomischer Faktoren in dem Moment einzupreisen begannen, als er die Wahl gewann."

Dämpfer für die Partystimmung

Auf welch dünnem Eis sich alles bewegt, ahnt man, wenn man sich bestimmte Kursausschläge genauer anschaut. Als der US-Präsident Nordkorea im August mit "Feuer und Wut" drohte, führte die bellizistische Rhetorik prompt zu einer Delle. Als seine Regierung Ende September ihr Steuerkonzept grob umriss, stieg die Kurve steil an.

Als aber die republikanischen Spitzen des Senats ein paar Wochen später eine Blaupause vorlegten, nach der die Besteuerung der Unternehmensgewinne erst ab 2019 auf 20 Prozent sinken soll, während die Konservativen im Repräsentantenhaus dies bereits ab 2018 angepeilt hatten, bekam die Partystimmung einen Dämpfer. Zumindest war damit klar, dass die Steuerreform kein "slam dunk" sein würde, kein todsicherer Wurf.

Wird die Trump-Blase platzen? Nobelpreisträger Robert Shiller, Wirtschaftswissenschafter an der Uni Yale, hat verglichen, in welchem Verhältnis Aktienpreise und Firmengewinne zueinander stehen. Demnach waren Firmenanteile nur zweimal noch höher bewertet als aktuell, und zwar 1929, vor dem Börsencrash, der in Amerika als Schwarzer Donnerstag in die Geschichtsbücher einging. Dann wieder von 1997 bis 2000, bevor die Luft aus der Dot.com-Blase entwich. (Frank Herrmann aus Washington, Portfolio, 2017)