Der deutsche Börsentisch ist reich gedeckt. Anleger lassen sich von der Wahl und den Koalitionsverhandlungen nicht aus der Ruhe bringen.

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Für das politische Deutschland war im Jahr 2017 natürlich der 24. September der Höhepunkt. Die Bundestagswahl brachte das Ende der großen Koalition und zunächst den Aufbruch in Richtung Jamaika-Koalition. Doch dann scheiterte die Sondierung, Berlin war in gehöriger Aufregung.

Auf dem Parkett herrschte schnell wieder business as usual, Dax und Euro gerieten nur kurz aus dem Tritt. Politische Börsen haben kurze Beine, sagt eine alte Börsenweisheit. Will heißen: Politik beeinflusst den Verlauf von Kursentwicklungen sehr viel weniger als andere Faktoren.

"Wir erwarten nicht, dass es zu einer veritablen politischen Krise beziehungsweise zu einem nachhaltigen Kurswechsel in der deutschen Politik kommt", sagte Volkswirt Jan Bottermann von der Essener National-Bank nach dem Abbruch der Jamaika-Gespräche. Jördis Hengelbrock beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Wahlen und Kursentwicklungen. Die Portfoliomanagerin bei Sal. Oppenheim weitst darauf hin: "Mehr als 75 Prozent der Umsätze im Dax werden im Ausland gemacht."

Verunsicherung

Ein Blick zurück zeigt, dass der Dax auch bei früheren Bundestagswahlen kaum Schwankungen ausgesetzt war. Eine Ausnahme bildet das Jahr 2002, in dem Gerhard Schröders rot-grüne Regierung wiedergewählt wurde. "Die schlechte Entwicklung war damals aber globalen Themen wie den Nachwirkungen der Terroranschläge vom 11. September 2001 und der schwachen Konjunktur geschuldet", sagt Hengelbrock.

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Die Börse-Bullen lassen sich von der Politik nicht aus der Ruhe bringen.
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Auch Carsten Klude, Chefvolkswirt bei der Privatbank MM Warburg, sieht grundsätzlich kaum Auswirkungen von Bundestagswahlen auf die Dax-Performance. "Wahlen sind kein Katalysator. Entscheidend ist, dass wir uns weltwirtschaftlich in einer positiven Situation befinden, wir haben hohes Wachstum, in Deutschland geht es den Unternehmen gut, und die Arbeitslosigkeit ist niedrig", erklärt er.

Zu Verunsicherung bei den Anlegern hätte allenfalls ein rot-rot-grünes Bündnis geführt, meint Klude, der an das Jahr 1998 erinnert, als in Deutschland Oskar Lafontaine (damals noch SPD) Finanzminister wurde: "Viele dachten, es wird nun zu einem Paradigmenwechsel kommen." Doch Lafontaine blieb nicht lange, er trat schon im März 1999 zurück.

Nachhaltiger Aufschwung

Apropos Schröder. Deutschland profitiert wirtschaftlich immer noch von seinen Reformen im Sozialbereich (Agenda 2010), zudem von der Lohnzurückhaltung der Beschäftigten, dem niedrigen Ölpreis und den niedrigen Zinsen. "Wir erleben einen sehr nachhaltigen Aufschwung", sagt Marco Bargel, Chefvolkswirt der Postbank.

Nach dem Börsenjahr 2017, das "versöhnlich endete" und den Dax am 7. November auf den neuen Rekordstand von 13.525,60 Punkte brachte, erwartet Bargel für 2018, dass der Trend weiter nach oben geht. Die Wirtschaft erlebt den längsten Aufschwung seit den Fünfzigerjahren. Die "Wirtschaftsweisen", die die Regierung beraten, erwarten für 2017 ein Wachstum von zwei Prozent, für 2018 eines von 2,2 Prozent.

"Der Aufschwung ist breit aufgestellt", sagt Bargel, "in Deutschland profitieren viele Branchen davon, etwa der Banken- oder Energiesektor. Und das solide globale Wachstum kommt natürlich einer starken Exportnation wie Deutschland zugute." Aber natürlich könne man nicht von vornherein alle Risiken ausschließen.

"Wenn es zu einem harten Brexit kommen sollte, hätte das in Deutschland merkliche Auswirkungen auf den Autosektor, die Chemiebranche und den Maschinenbau, die allesamt in Großbritannien hohe Absätze erzielen", meint Bargel. Aber noch ist es ja nicht so weit.(Birgit Baumann aus Berlin, Portfolio 2017)