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Die transibirische Eisenbahn gilt zahlreichen österreichischen Politikern und vor allem der Bauindustrie als wichtige Verbindung auf dem Landweg nach China.

Foto: REUTERS/Ilya Naymushin

Wien – Läge Österreich näher an der von Griechenland über Belgrad nach Budapest verlaufenden Balkanroute, das Interesse Chinas an Eisenbahninvestitionen nach und in Österreich wäre vermutlich größer. So aber ist es primär Russland, das einen Ausbau des nördlichen Armes der weitläufig unter Seidenstraße laufenden Bahnverbindung von Fernost nach Mitteleuropa anschieben möchte. Auch deshalb sind die Anstrengungen für das keineswegs unumstrittene Milliardenprojekt zur Verlängerung der russischen Breitspurbahn vom slowakischen Kosice ins burgenländische Parndorf hierzulande finanziell überschaubar.

Wiewohl die insbesondere von der Bauindustrie angeworfene Lobbying-Maschinerie für das auf mindestens 6,5 Milliarden Euro Baukosten taxierte Projekt Transsibirische Eisenbahn auf Hochtouren läuft: Die Partner Slowakei, Ukraine und Österreich trennen – politisch wie finanziell – Welten.

Befriedung der Ukraine als Voraussetzung

Doch darüber will in der Euphorie, in die die neue Seidenstraße Infrastrukturpolitiker und -planer gleichermaßen versetzt, kaum jemand sprechen. Ohne Befriedung der Ukraine sei ein solches Projekt schlicht nicht realistisch und umsetzbar, warnen hochrangige ÖBB-Planer, die nicht in der Zeitung stehen wollen. Offiziell rührt Bahn-Chef Andreas Matthä die Werbetrommel für die keineswegs ausfinanzierte Transsib-Verlängerung.

Überschaubar ist das Interesse am breitspurigen Investment auch in Bratislava. Denn nach der von Österreich favorisierten Planungsrechnung – eine Machbarkeitsstudie, die diesen Namen verdient, ist bis dato noch nicht beauftragt – müsste die Slowakei den Löwenanteil der Breitspur-Verlängerung stemmen, bekäme aber nur einen Bruchteil des Geschäfts ab, den sich Parndorf als künftige Handelsmetropole und Logistikdrehscheibe erhofft, in der Waren und Güter aus dem Reich der Mitte in Containern auf Lkw verladen werden. Last, but not least spiele Bratislava auch deshalb defensiv, berichten Insider, weil eine Verlagerung des Verladepunkts in den Westen ohnehin schwache Ostslowakei schwächen würde.

Twin-City auf der Bremse

Auf der Bremse steht auch die 60 Kilometer westlich liegende "Twin-City" Wien. Wohl erhofft sich der ÖBB-Güterverkehr von Breitspur-Parndorf mehr Auslastung für den um 260 Millionen Euro aufgerüsteten, aber bis dato unterausgelasteten Güter-Hauptbahnhof Inzersdorf mehr Fracht, die Bundeshauptstadt fürchtet aber ein massives Lkw-Aufkommen und hat bis dato auch den in ihrem Einfluss stehenden Wiener Hafen von einem Breitspur-Engagement abgehalten. Als viel wichtigere Güterachse sieht man in Wien den "Marchegger Ast", die Verbindung von Wien nach Bratislava nördlich der Donau. Sie wird von der ÖBB bis 2022 elektrifiziert und zweigleisig ausgebaut.

Eine moderne und gute Bahnverbindung heiße nicht notwendigerweise russische Breitspur, heißt es, schließlich fahre die Eisenbahn in Ungarn und Serbien, die mit chinesischer Finanzhilfe ertüchtigt werden soll, auch nicht auf russischer Breitspur, die mit 1520 mm nur um 85 mm breiter ist als die Normalspur. Breitspur habe keine Vorteile, warnen Eisenbahntechniker, sie diene lediglich der politisch-militärischen Abgrenzung.

Niederlassung in Wien

Interessen verfolgen chinesische Investoren im Bahnsektor dennoch in Österreich. Der Eisenbahngigant CRRC beispielsweise hat in Wien eine Niederlassung, die Kooperationspartner in ganz Europa ebenso sucht wie Produktionsstätten. Ihr seien bereits Alstom-Werke angedient worden, für die im neuen Joint-venture von Siemens und Alstom kein Bedarf mehr bestehe, wie man in der an Überkapazitäten reichen Branche munkelt. Vor diesem Hintergrund wäre ein Bahnpakt von Siemens und Bombardier wohl opportun gewesen, denn die Kanadier kooperieren bereits mit CRRC. Auch hätte ein kanadisch-deutscher Pakt weniger Überschneidungen gehabt, verlautet aus Bombardier-Kreisen, die vom deutsch-französischen Frontenwechsel bei Siemens kalt erwischt wurden.

Verglichen mit den Auslandsinvestitionen aus Hongkong in Österreich (am bekanntesten ist Mobilfunker Hutchison, also "Drei"), die sich seit 2013 auf jährlich 2,5 bis 2,7 Milliarden Euro belaufen, sind die aus Festland-China überschaubar: Sie stiegen stetig und betrugen im Vorjahr 641 Mio. Euro. Zu den bekanntesten Übernahmen gehören FACC, ATB, KACO Dichtungstechnik, Steyr Motors GmbH, Rosenberger Holding, C-Quadrat, Austria Druckguss, Huber Tricot oder LMF Leobersdorfer Maschinenfabrik. (Luise Ungerboeck, 27.11.2017)