Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beim G5-Gipfel von Bamako im Juli 2017.

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Es ist die "andere" Front – weniger medialisiert als der Krieg in Syrien, aber ebenso umkämpft und ohne dass ein Ende absehbar wäre: Frankreich befindet sich im Sahara-Gebiet Malis seit 2013 im Einsatz gegen diverse Terrormilizen wie Aqmi oder Ansar Dine, die sich als verlängerte Arme ihrer großen Vorbilder IS oder Al-Kaida bezeichnen. Die Zahl dieser auf mehrere Staaten verstreuten Kämpfer wird auf 3.000 geschätzt.

Die Franzosen, mit 4.000 Mann vor Ort, sind bedeutend besser ausgerüstet und durch Sondereinheiten (COS) sowie wüstenerprobte Fremdenlegionäre verstärkt. Auf Bitte der malischen Regierung warfen sie die Jihadisten 2013 relativ schnell zurück. Doch die Gefahr ist keineswegs gebannt. Mit Luftunterstützung von acht Mirage-Kampfjets befindet sich die französische Operation Barkhane im Dauereinsatz. Ohne sie wäre das gemäßigt islamische Mali – oder zumindest der nördliche Teil davon – heute längst ein islamischer Gottesstaat. Vor Ort sind zwar auch 13.000 – teils zivile – Blauhelme der Uno-Truppe Minusma präsent. Sie hat aber nur eine stabilisierende Wirkung und greift nicht in die Kämpfe ein.

Einfluss im ehemaligen Kolonialgebiet

Emmanuel Macron hatte bei einem Blitzbesuch in Mali gleich nach seiner Wahl im Mai klargemacht, dass er die Barkhane-Strategie seines Vorgängers François Hollande weiterführen will. Selbstverständlich ist das nicht. Die Militäroperation kostet viel Nerven und Geld – 600 Millionen Euro im Jahr. Für Frankreich, das in Afrika mehrere Militärstützpunkte unterhält, ist dies der Preis für seinen geopolitischen Einfluss und seine Wirtschaftsbeziehungen mit seinem ehemaligen Kolonialgebiet; ganz konkret sichert sich das Land dadurch auch AKW-Brennstoff aus den Uranminen in Niger.

Der Generalstab in Paris hat aber in den letzten Monaten schon mehrfach klargemacht, dass die französische Armee an ihre Grenzen stößt: Sie überwacht seit den Terroranschlägen von 2015 in Paris das französische Territorium; sie beteiligt sich an der westlichen Koalition in Syrien, sie sichert Konfliktzonen in anderen afrikanischen Ländern wie in Kamerun oder der Zentralafrikanischen Republik; und dazu macht sie bei UN-Missionen in Somalia oder dem Libanon mit. In der malischen Wüste sind die französischen Soldaten überdies zunehmend mit dem undurchschaubaren "Doppelspiel" lokaler Potentaten oder von Tuaregstämmen konfrontiert, wie die Barkhane-Leitung vor wenigen Tagen verlauten ließ.

Mehr regionale Verantwortung

Vor diesem Hintergrund verreist Macron am Dienstag zu seiner ersten ausgedehnten Afrikatournee. In Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, wo im August ein mörderischer Terroranschlag auch französische Opfer gefordert hatte, will der Staatschef für mehr "regionales" Engagement plädieren. Frankreich fördert seit längerem die Bildung einer Truppe namens "G5 Sahel", bestehend aus Soldaten aus Mali, Burkina, Tschad, Niger und Mauretanien. Anfang November hat diese Einheit ihre erste Mission gestartet; von einer wirklichen Unterstützung der französischen Barkhane-Operation ist sie aber noch weit entfernt. In Ouagadougou will Macron mit dem Präsidenten und Gastgeber Roch Marc Kaboré vor allem darüber reden, wie die G5-Staatengruppe "mehr Verantwortung für die Sicherheit der Region" übernehmen könnte, wie ein Élysée-Berater erklärte.

Bevor Macron seine Tournee im anglophonen Ghana beschließen wird, reist er am Mittwoch sodann nach Abidjan in Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste), wo der EU-Afrika-Gipfel stattfindet. Auch dort wollen die Franzosen um mehr Rückendeckung für Barkhane ersuchen. Eine militärische oder finanzielle Beteiligung kommt für Länder wie Deutschland aber nicht infrage. Sie beteiligen sich stattdessen an der Minusma- oder an der Ausbildungsmission für malische Streitkräfte (EUTM). Letztere hat in den vergangenen vier Jahren immerhin 11.000 lokale Militärs trainiert – fast ein Drittel der malischen Armee.

Paris und Berlin mit unterschiedlichen Ansätzen

Der französische Generalstabschef François Lecointre erklärte am Sonntag allerdings, all diese Einheiten seien heute "nicht autonom genug", um der regionalen Gefahr durch die Jihad-Milizen zu begegnen. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel will in Abidjan hingegen als Fürsprecherin vermehrter Bildungsanstrengungen in Afrika auftreten. Die unterschiedlichen Ansätze der Franzosen und Deutschen stehen sich damit bei dem EU-Afrika-Gipfel offen gegenüber. Dabei wären derzeit beide nötig, um dem äußerst instabilen Westafrika mehr Sicherheit und Zukunftsperspektiven zu vermitteln. (Stefan Brändle aus Paris, 27.11.2017)