Auch in Österreich wächst das E-Commerce-Business, nicht zuletzt wegen Amazon.

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Wien – Angebote in fast jeder Produktkategorie, von Haushaltsgeräten über Computer und Bücher bis hin zu Sportartikeln. Dazu jede Menge reduzierte Preise im Zuge des "Cyber Monday". Und in vielen Fällen nicht einmal eine Zustellgebühr: Amazon machte zu Wochenbeginn wieder deutlich, weshalb viele der klassischen stationären Händler in Österreich den Onlinegiganten mit einer Mischung aus Ablehnung und Bewunderung betrachten.

Das E-Commerce-Business in Österreich wächst, was dem Handelsverband, der die Interessen niedergelassener Unternehmen vertritt, zunehmend Sorgen bereitet. Der Vorwurf: Es gelten nicht für alle Unternehmen dieselben Regeln, insbesondere große ausländische Player würden unfaire Wettbewerbsvorteile genießen. "Jene, die nur online verkaufen, werden zusehends stärker", sagt Rainer Will, Geschäftsführer des Verbands.

Mehr als 70 Milliarden

Im stationären Einzelhandel dürften 2017 die Bruttojahresumsätze erstmals über 70 Milliarden Euro liegen. Auf Onlinehändler entfallen etwa sieben Milliarden. Diese Zahl beruht auf einer Umfrage bei 2000 Kunden, die die KMU Forschung Austria Jahr durchführt. Die Umsätze im Onlinehandel haben tatsächlich stark zugelegt, um gut zehn Prozent seit dem Jahr 2015. Im stationären Einzelhandel ist das Wachstum mit 3,5 Prozent deutlich schleppender verlaufen.

Allerdings: In absoluten Zahlen sind die Umsätze bei den niedergelassenen Händlern stärker gestiegen. Vom Onlinehandel profitieren zudem neben ausländischen Größen wie Amazon, Zalando oder Otto auch österreichische Unternehmen. Tchibo/Eduscho macht zum Beispiel einen respektablen Anteil seiner Umsätze via Internet. Insgesamt wird rund die Hälfte des Onlineumsatzes von österreichischen Firmen gemacht.

Keine Steuer in Österreich

Ist es angesichts dieser Zahlen nicht falsche Panikmache, vor den Folgen der zunehmenden Digitalisierung zu warnen?

Der Geschäftsführer des Handelsverbandes Will sagt, er habe die künftige Entwicklung im kritischen Blickfeld. Unternehmen wie Amazon zahlen, da sie über keine Niederlassungen in Österreich verfügen, im Land keine Körperschaftssteuer. In Luxemburg profitiere das Unternehmen von deutlich niedrigeren Steuersätzen – ein klarer Nachteil also für heimische Betriebe, der geändert gehöre, so Will.

Abhilfe könnte vonseiten der EU kommen. Die Union erwägt, digitale Betriebsstätten einzuführen. Dabei würden auch Umsätze von Unternehmen mit einer Steuer belegt, selbst wenn diese keine Betriebsstätte im Land haben. Die künftige ÖVP-FPÖ-Regierung will dieses System ebenso einführen. Ob die Änderungen kommen und wann, ist offen.

Kritische Blicke

Im Handelsverband kritisch beäugt wird zudem der Sprung von Amazon in den stationären Markt. In den USA hat das Unternehmen heuer Whole Food, eine Biolebensmittelkette mit 90.000 Mitarbeitern, erworben. Amazon möchte nun seine Vorteile aus dem digitalen Handel auch mit niedergelassenen Geschäften ausspielen, etwa über ein System, bei dem Kunden im Shop nicht bezahlen und die Abrechnung automatisch via Handy erfolgt. Ähnliche Initiativen in Europa könnten bei der Konkurrenz den Druck erhöhen. Nach einer Marktanalyse, die der Handelsverband am Mittwoch präsentieren will, entfällt auf Amazon rund ein Viertel des Gesamtumsatzes aller Onlinehändler in Österreich.

Der Handelsverband fordert zudem Änderungen bei der Zoll- und Umsatzsteuer. In Österreich gilt, dass für aus Asien oder den USA importierte Waren erst ab einem Wert von über 22 Euro Umsatzsteuerpflicht anfällt. Zoll ist erst ab 150 Euro fällig. Diese Regel benachteilige kleineren Händler in Österreich, so Will. Eine EU-Gesetzesänderung wird diese Freigrenzen kippen, aber erst ab 2021. Will fordert ein früheres Ende. (András Szigetvari, 28.11.2017)