Wien – Wie ein Hefepilz den umweltschädlichen Kohlenwasserstoff Toluol abbaut, konnten Wissenschafter der Universität für Bodenkultur (Boku) mit Hilfe moderner Sequenziermethoden zeigen. Der Pilz schafft das mit Genen, die er von Bakterien übernommen hat. Trotz dieser Fähigkeit gerät der Pilz beim Toluol-Abbau aber gehörig unter Stress, berichteten die Forscher kürzlich im Fachjournal "Scientific Reports".

Der Pilz Cladophialophora immunda ist ein Vertreter der sogenannten Schwarzen Hefen. Diese zeichnen sich durch extreme Stressresistenz aus und können, je nach Art, Hitze, Kälte, Trockenheit, Salz oder Umweltgifte aushalten. C. immunda etwa kann Toluol abbauen und würde sich damit für die biologische Sanierung von mit Kohlenwasserstoffen belasteten Böden eignen.

Genomentschlüsselung

Die Forscher um Katja Sterflinger vom Department für Biotechnologie der Boku haben nun nicht nur das Genom des Pilzes entschlüsselt, sondern auch analysiert, in welchem Maß die einzelnen Gene abgelesen werden (Transkriptom). "Dabei konnten wir zeigen, dass C. immunda fast alle Enzyme besitzt, die bisher – aus unterschiedlichen Organismen – mit dem Toluol-Abbau in Zusammenhang gebracht wurden", so Sterflinger. Vergleiche der Sequenz-Daten des Pilzes mit solchen anderer Organismen belegten, dass er acht Gene für den Toluol-Abbau in der Vergangenheit von Bakterien erworben haben muss.

Die neue Fähigkeit, die der Pilz durch den horizontalen Gentransfer erworben hat, setzt ihn beim Abbau des Kohlenwasserstoffes aber gehörig unter Stress. "Gleich eine ganze Batterie an zellulären Stoffwechselfunktionen werden durch den Kontakt mit Toluol negativ betroffen", so die Mikrobiologin. So werden etwa die Herstellung von Antioxidantien angeregt und Mechanismen aktiviert, die der Zellentgiftung dienen.

"Dies deutet an, dass C. immunda kein wahrer Freund von Toluol ist – obwohl es dieses bestens abbauen kann", so Sterflinger. Sie vermutet, dass die wirksame Beseitigung des Kohlenwasserstoffs ein Schutzmechanismus des Pilzes ist, um sich vor dessen schädlichen Wirkungen zu schützen. (APA, red, 30. 11. 2017)